„Österreichs größtes Forschungslabor für Alternativen zu Tierversuchen entsteht in Linz: 10 Millionen Euro fließen in Tierschutz“: Diese Ankündigung eines Landespolitikers erwies sich - Ende 2006 - als zu vollmundig. Auch die Krone hat damals hoffnungsvoll berichtet. Tierversuchs-Gegner vermissen heute eine Auseinandersetzung mit Alternativen mehr denn je.
„Kann medizinischer Fortschritt erzielt werden, ohne dass Tiere zu Schaden kommen, (siehe das drastische Foto von Labormäusen mit Tumoren in einem Forschungsbericht mit dem Linzer Krebsforscher Clemes Schmitt)? Oder können Alternativen herkömmliche Versuche nur ergänzen und verringern, ohne sie ganz zu ersetzen?“ Mit diesen Kernfragen will sich JKU-Rektor Meinhard Lukas in einer nun ausgerufenen öffentlichen Debatte um die geplanten Tierversuche an der JKU mit Experten befassen.
Zu wenig und zu spät im Dialog
Zu wenig, zu spät - meinen zumindest Tierversuchsgegner wie Roland Hoog vom Verein gegen Tierfabriken, der im Vorjahr schon eine Demo gegen die Tierversuchspläne in Linz organisiert hat. Hoog erinnert auch an einen Kongress der Europäischen Gesellschaft für Alternativen zu Tierversuchen im Oktober 2019 an der JKU, mit dem Kürzel EUSAAT. Und er sagt: Wegen der „Dialogverweigerung des Rektors“ würden solche internationalen Wissenschaftskongresse künftig womöglich nicht mehr an der Kepler-Uni stattfinden.
Hoog erinnert auch an das 2006 so groß angekündigte Linzer Zentrum für Ersatz- und Ergänzungsmethoden (ZET) zu Tierversuchen, auf das auch im 2013 präsentierten Wissenschaftlichen Konzept für die Linzer Medizin-Fakultät Bezug genommen wird. Die Sparte „wissenschaftlicher Tierschutz“ dieses Zentrums existiert heute nicht mehr bzw. nur noch als leere Rubrik auf einer alten, offenbar seit 2012 nicht mehr aktualisierten Internetseite.
„Ärzte gegen Tierversuche“ einbinden
Kernfrage für Hoog ist, „warum die JKU gerade jetzt ein neues Tierversuchslabor bauen will, wo in anderen Ländern wegen der rasanten Entwicklung von modernen und für die Patienten besseren Alternativen reihenweise Tierversuchslabore zusperren“. Und er wünscht sich eine Ausweitung der Debatte, die die JKU nun immerhin führen will: „Mein wesentlichster Kritikpunkt an der vom Rektorat der JKU eingeleiteten öffentlichen Debatte ist, dass die JKU eine Debatte mit ,Ärzte gegen Tierversuche‘ scheut. ,Ärzte gegen Tierversuche‘ sind Experten auf dem Gebiet der Alternativenforschung, und sie sind unabhängig von Fördergeldern. Ohne diese unabhängige Expertise befürchte ich, dass die Debatte zur Farce verkommt.“
Episode 1 des JKU-Livestreams
Am Freitag, 22. Mai 2020 um 14 Uhr diskutiert die JKU das Thema Tierversuche im Kontext der Ethik der Mensch-Tier-Beziehung, wie sie in Schlachthöfen und Tierversuchslaboren auf die Probe gestellt wird, mit Experten und Expertinnen diese Thematik. Unter der Leitung von Dr.in Christine Haiden diskutieren der Moraltheologe Prof. Michael Rosenberger (Katholische Privatuniversität Linz), der Vorstand der Universitätsklinik für Hämatologie und internistische Onkologie Prof. Clemens Schmitt (Johannes Kepler Universität Linz), die Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins Dr.in Madeleine Petrovic und Rektor Meinhard Lukas (Johannes Kepler Universität Linz). Der Diskussionsprozess ist via Livestream öffentlich zugänglich (Videokonferenz - anzusehen unter: https://www.jku.at/index.php?id=18388&no_cache=1 oder auf dem Youtube-Kanal der JKU). Die interessierte Öffentlichkeit kann sich via YouTube-Chat an der Diskussion beteiligen.
Werner Pöchinger, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.