Der neue VW Golf soll ein Auto für alle sein - aber muss man deshalb in unternehmenseigenen Social-Media-Kanälen einen Spot posten, der Rassisten anspricht? Genau das ist passiert. Der Wolfsburger Konzern hat sich mittlerweile von dem Machwerk distanziert, die erste „Entschuldigung“ war jedoch kaum weniger empörend als der Werbespot selbst (hier oben im Video zu sehen).
„Wie ihr euch vorstellen könnt, sind wir überrascht und schockiert, dass unsere Instagram-Story derart missverstanden werden kann“, schrieb VW zunächst auf Instagram. Heftige Reaktionen waren die Folge, ein Nutzer schrieb: „Alles also nur eingebildet und ein Missverständnis? Sorry, aber den Rassismus bilden wir uns nicht ein.“ Von missverständlich kann tatsächlich keine Rede sein - viel mehr entdeckt der interessierte Zuschauer umso mehr rassistische Angriffe, je genauer er hinsieht.
White-Power-Geste gezeigt?
Das Zehn-Sekunden-Filmchen auf Instagram und Twitter zeigt neben einem VW Golf einen Menschen mit dunkler Hautfarbe, der von einer überdimensionalen weißen Hand herumgestupst, wie eine Mensch-ärgere-dich-nicht-Figur versetzt und schlussendlich mit einem Fingerschnippen in einen Hauseingang bugsiert wird.
Klar, das ist allein schon deshalb rassistisch aufzufassen, weil die Hand weiß ist. Doch das ist erst der Anfang der Analyse. Die Handgeste vor dem Schnippsen ist das Zeichen für „White Power“, vermerkt in der sogenannten Hass-Datenbank der Anti-Defamating League.
Über dem Hauseingang steht „Petit Colon“. Colon heißt Darm, die Person wird also sinnbildlich in den Darm geschoben. Petit Colon ist der Name eines Cafés in Buenos Aires. Am Ende des Spots purzeln die Buchstaben des Ausdrucks „DER NEUE GOLF“ ins Bild - allerdings so, dass kurzzeitig die Buchstaben N, E, G, E und R alleine stehen und das Wort NEGER nahelegen.
„Falsch und geschmacklos“
Aus Wolfsburg verlautete nach heftiger Kritik am Spot wie auch an der halbherzigen Online-Entschuldigung ein deutlicheres Statement: „Ganz ohne Frage: Das Video ist falsch und geschmacklos.“ Dass der Clip bei vielen Beobachtern zu Empörung und Wut führe, könne man verstehen. „Wir distanzieren uns davon und entschuldigen uns dafür. Wir werden aufklären, wie das passieren konnte - und Konsequenzen daraus ziehen.“
Und weiter: „Schon vor dem Hintergrund unserer eigenen Unternehmensgeschichte positioniert sich Volkswagen gegen jede Form von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung.“ Das Unternehmen betonte außerdem: „Viele Initiativen im Unternehmen und in unserer weltweiten Belegschaft fördern Vielfalt, Integration und eine vorurteilsfreie Zusammenarbeit.“
VW-Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann sprach von einem „rassistischen Werbevideo“, das jeden anständigen Menschen beleidige. „Wir schämen uns dafür und können es heute auch nicht erklären“, sagte Stackmann. „Umso mehr werden wir dafür sorgen, dass wir diesen Vorgang aufklären.“ Die Ergebnisse und Konsequenzen der Untersuchung würden öffentlich gemacht.
Betriebsrat sieht Verantwortung beim Top-Management
Volkswagen-Betriebsratschef Bernd Osterloh verlangt eine vollständige Aufklärung darüber, wer für die Insta-Story verantwortlich ist: „Der Vorfall muss jetzt restlos aufgeklärt werden“, sagte Osterloh. „Der Betriebsrat wird nicht zulassen, dass die Verantwortung für diesen Vorfall dauerhaft vom Top-Management nach unten abgeschoben wird.“
Tahir Della, Sprecher der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, sagte, es sei erstaunlich, dass es die heftigen Reaktion in den sozialen Medien gebraucht habe, damit auch VW selbst das Video kritisch sehe.
VW hat den Spot von den eigenen Plattformen entfernt, er wurde aber vielfach von Usern neu veröffentlicht.
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