Verfahren vertagt
Korruptionsvorwürfe für Netanyahu „lächerlich“
Wegen Korruptionsvorwürfen wird Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu seit Sonntag der Prozess gemacht. Die Verhandlung wurde bereits nach einer Stunde vertagt - sie könnte sich über Monate, wenn nicht gar Jahre hinziehen. Einen neuen Termin nannten die Richter nicht. Gleich zu Beginn stellte Netanyahu klar, dass er gedenke, den Staat weiterhin zu lenken - die Vorwürfe gegen ihn seien „lächerlich“. Netanyahus mittlerweile fünfte Amtszeit ist aufgrund der Vorwürfe äußerst umstritten.
Der wegen Korruption angeklagte israelische Ministerpräsident hat zu Beginn seines Prozesses betont, er werde das Land weiterhin führen. Er stehe aufrecht und hoch erhobenen Hauptes da, sagte er im Jerusalemer Bezirksgericht. Mit dem Prozess wollten seine Gegner „einen starken Ministerpräsidenten aus dem rechten Lager aus dem Amt drängen und damit die Rechte über Jahre hinaus aus der Führung heraushalten“.
Luxusgeschenke gegen Steuervergünstigungen
Dem Premier werden Bestechlichkeit, Untreue und Betrug vorgeworfen. Netanyahu wird unter anderem beschuldigt, der Telekommunikationsfirma Besek im Gegenzug für eine positive Berichterstattung auf einer zu dem Konzern gehörenden Nachrichtenwebsite Gefälligkeiten gewährt zu haben. Dazu werden er und seine Familie verdächtigt, Luxusgeschenke im Wert von mehr als 700.000 Schekel (rund 185.000 Euro) von reichen Privatpersonen angenommen zu haben.
Im Gegenzug soll Netanyahu den Gönnern finanzielle oder persönliche Vorteile verschafft haben. Konkret geht es unter anderem um den Fall des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan, der dem Premier und seinen Angehörigen Geschenke im Wert von 478.000 Schekel gemacht haben und dafür Steuervergünstigungen in Millionenhöhe sowie Hilfe bei der Beschaffung eines US-Visums erhalten haben soll.
Premier sieht sich als Opfer der Medien
Netanyahu weist die erhobenen Vorwürfe des Betrugs und der Untreue in der als „Fall 1000“ bekannten Affäre zurück. Bei den teuren Präsenten, die er erhalten haben soll, handelte es sich laut Netanyahu um Geschenke von Freunden, für welche diese keine Gegenleistung erhalten hätten. Begleitet wurde der Prozessbeginn von kleineren Demonstrationen von Anhängern und Gegnern des Regierungschefs. Vor Netanyahus Residenz versammelten sich rund 800 Gegner, eine Demonstrantin warf ihm vor, die „Fundamente der Demokratie zu zerstören“.
Nicht zu Rücktritt verpflichtet
Bei seiner Ankunft im Gericht warf er Polizei und Staatsanwaltschaft vor, sie hätten die Anklage gegen ihn „fabriziert“. Netanyahu forderte eine Live-Übertragung aus dem Gerichtssaal. Im Vorfeld des Prozesses hatten seine Anwälte vergeblich beantragt, auf sein persönliches Erscheinen zu verzichten, da es sich nur um eine „technische Anhörung“ handle. Das Gericht lehnte dies unter Verweis auf das israelische Strafrecht ab. Viele seiner Minister stehen an seiner Seite und greifen das israelische Justizsystem immer wieder hart an.
Netanyahu ist Israels am längsten amtierender Ministerpräsident. Nach zahlreichen Wahlgängen und in deren Folge mehrmals gescheiterten Regierungsverhandlungen, ist er erst vergangenen Sonntag erneut vereidigt worden. Seine fünfte Amtszeit ist wegen des Korruptionsprozesses äußerst umstritten. Nach dem israelischen Gesetz besitzt er als Regierungschef keine Immunität, muss aber erst zurücktreten, wenn er tatsächlich verurteilt wird und alle Berufungsmöglichkeiten erschöpft sind.
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