„Kein Rücktritt“
Corona-Verstöße: Johnson-Berater bereut nichts
Der schwer unter Beschuss geratene Berater des britischen Premiers weist jegliche Rücktrittsaufforderungen wegen seines umstrittenen Verhaltens zurück. Wie berichtet, hatte Dominic Cummings mit einer rund 430 Kilometer weiten Reise Ende März gegen die britischen Lockdown-Regeln verstoßen. Der Wahlkampfstratege und Brexit-Vorkämpfer fuhr mit seiner an Covid-19 erkrankten Frau und seinem vier Jahre alten Sohn von London in die nordostenglische Grafschaft Durham zu seinen Eltern. „Ich bedauere nicht, was ich getan habe“, lautet die Replik an die Kritiker.
Diese finden sich auch in den Reihen der Konservativen. Sie fürchteten, er könnte das Vertrauen in die Regierung irreparabel beschädigt haben. Die Kritiker warnten auch vor einem Anstieg der Infektionen, weil Schutzmaßnahmen angesichts solcher Vorkommnisse nicht mehr ernst genommen werden könnten. Großbritannien hat die meisten Corona-Todesfälle in Europa. Laut Johns-Hopkins-Universität sind es 36.875. 261.000 Menschen sind demnach mit dem Coronavirus infiziert.
Doch all diesen Argumenten hält Cummings familiäre Gründe entgegen. Es sei ihm lediglich um die Versorgung seines Sohnes gegangen. „Ich habe mich gefragt: Was passiert, wenn meine Frau und ich beide krank werden, wer passt dann auf unseren Sohn auf?“, erklärte der zweitmächtigste Mann nach Premierminister Boris Johnson am Montag im Rosengarten des Regierungssitzes in London.
Ungewöhnlicher Auftritt für Statement
Auftritte dort sind eher ungewöhnlich. Aus diesem Grund waren im Vorfeld viele Beobachter eigentlich von einer Rücktrittserklärung ausgegangen. Doch dazu kam es keineswegs. Cummings‘ Auftritt im Rosengarten werteten viele Kritiker als überheblich und selbstherrlich, während andere lobten, dass er nun Klarheit in den Ablauf der Geschehnisse gebracht habe.
Die mutmaßlichen Verstöße stehen im krassen Gegensatz zur Politik Johnsons, der seit einer eigenen Covid-19-Erkrankung vehement auf die Einhaltung der Corona-Ausgangsbeschränkungen pocht. Laut den britischen Corona-Verhaltensregeln muss sich jeder, der Symptome einer Corona-Infektion hat, in seiner eigenen Wohnung in Quarantäne begeben.
Johnson: „Er ist den Instinkten eines jeden Vaters gefolgt“
Doch Johnson nahm seinen Berater in Schutz und meinte am Sonntag, Cummings sei „den Instinkten eines jeden Vaters gefolgt“. Dafür könne er ihn nicht an den Pranger stellen. Nach den Worten Johnsons hat sein Chefberater „in jeder Hinsicht verantwortlich, legal und mit Integrität“ gehandelt.
Nach den Richtlinien der Regierung waren damals Reisen nur aus zwingenden Gründen erlaubt. Der ehemalige Polizeichef der Grafschaft Durham, Mike Barton, hatte dem Sender BBC gesagt: „Lasst uns nicht um den heißen Brei reden, er hat die Regeln gebrochen, das ist sehr klar.“
Augenzeugen wollen weitere Verstöße gesehen haben
Der „Guardian“ und der „Daily Mirror“ hatten am Sonntagabend von weiteren Verstößen berichtet: Ein Augenzeuge, der Cummings am 12. April an einem Ausflugsziel rund 50 Kilometer vom Wohnhaus seiner Eltern entfernt gesehen haben will, hat demnach inzwischen Anzeige erstattet. Auch für einen weiteren Besuch Cummings‘ in Durham am 19. April soll es einen Augenzeugen geben. Die Regierung stritt bereits weitere Aufenthalte Cummings‘ in Durham in scharfem Ton ab.
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