Corona-„Willkür“
Familie muss 1000 Euro für Spaziergang zahlen
Seit zwei Monaten sorgen die Corona-Strafen für mächtig Furore, allein in Wien wurden bis 22. Mai 8200 Strafverfügungen verschickt. Die Flut an Verordnungen im Kampf gegen das Virus sorgt dabei auch bei unseren deutschen Nachbarn für Ärger, wie jetzt ein Fall in Baden-Württemberg deutlich macht: Ein Familienspaziergang endete dort mit satten 1000 Euro Bußgeld!
Ein Ehepaar aus der Region Stuttgart war mit den zwei Töchtern und deren Großvater zu Fuß auf dem Weg zum Friedhof, als es von einer Polizeistreife angehalten wurde. Während die Familie einem Bericht der „Stuttgarter Zeitung“ zufolge beteuert, in einer Zweier- und einer Dreiergruppe unterwegs gewesen zu sein und nur näher zusammenrückte, als sich der Streifenwagen näherte, konstatierten die Beamten einen Verstoß gegen den Infektionsschutz. Die Personalien wurden notiert und wenig später trudelte auch schon der Bescheid über den Verstoß der Corona-Verordnungen ein: 200 Euro Bußgeld - für jeden Beteiligten, macht in Summe also stolze 1000 Euro für einen Familienspaziergang.
Öffentlich dürfen nur zwei Haushalte zusammenstehen
Hintergrund für die saftige Strafe: Die betroffene Familie sei laut dem Bericht vom Großvater über das Ehepaar bis zu den zwei Töchtern zwar in gerader Linie miteinander verwandt und halte engen Kontakt zueinander - doch sie lebt in vier getrennten Haushalten. Während die Personenzahl in den eigenen vier Wänden bei Familien in Baden-Württemberg keine Rolle spiele, schaut die Situation gänzlich anders aus, sobald man vor die eigene Haustür tritt. Denn auf der Straße dürfen lediglich Personen aus zwei verschiedenen Haushalten zusammenstehen, ohne den Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten zu müssen.
Der Familienvater zeigt zwar Verständnis für die Notwendigkeit genereller Hygienevorgaben, ärgert sich aber gegenüber dem Blatt über die „Willkür“ dieser Regelung. „Was haben diese Vorschriften mit der Verhinderung der Virusausbreitung zu tun?“, fragt er und äußert Zweifel an einem widersprüchlich erscheinenden Rechtssystem. Die erhofften nachvollziehbaren Begründungen erhielt er übrigens weder vom Ordnungsamt noch vom Staatsministerium - stattdessen Standardfloskeln zu den Corona-Maßnahmen.
Unmut über mangelndes Augenmaß
Wie auch hierzulande ist angesichts Zehntausender Verstöße gegen die Corona-Verordnungen der Unmut über ein vermeintlich mangelndes Augenmaß von Polizei und Behörden in Deutschland weit verbreitet. So wurde etwa auch im Fall der Familie nicht die niedrigste Stufe des Bußgeldrahmens von 100 Euro herangezogen, sondern gleich 200 Euro Strafe für jeden Beteiligten verhängt. Auch dazu bekam der Familienvater keine konkrete Begründung geliefert.
Schon der Beamte vor Ort habe ihnen geraten, sie sollten sich „kooperativ zeigen“ - sonst werde es teuer, erinnert sich der Familienvater an den Polizeieinsatz auf dem Weg zum Friedhof. Um juristische Streitigkeiten zu vermeiden, zahlte die Familie dann auch fristgerecht die 1000 Euro.
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