Nach Donald Trumps Empörung wegen des ersten Faktenchecks eines seiner Tweets hat der US-Präsident ein Dekret unterzeichnet, mit dem der Schutz sozialer Medien wie Twitter und Facebook vor Strafverfolgung beendet werden soll. Gemäß der am Donnerstag erlassenen Anordnung soll zudem die Möglichkeit der Plattformen beschnitten werden, Inhalte zu moderieren. Der umfassende rechtliche Schutz der Dienste ist ein Grundpfeiler, der Facebook, Twitter und YouTube in ihrer heutigen Form erst möglich gemacht hat.
Trump hatte bereits zuvor gedroht, soziale Medien zu regulieren oder ganz zu schließen, wenn sie „konservative Ansichten“ unterdrückten. Am Donnerstag begründete er seinen Schritt mit dem Vorwurf, die Plattformen seien nicht länger neutral, sondern betrieben „politischen Aktivismus“. Es gehe darum, „die Meinungsfreiheit gegen eine der schlimmsten Gefahren zu verteidigen“.
Hintergrund ist, dass der Kurznachrichtendienst Twitter - Trumps bevorzugte Plattform - erstmals einen Tweet des Präsidenten einem Faktencheck unterzogen hatte. Trump hatte in seiner Twitter-Nachricht behauptet, dass Briefwahl Wahlbetrug Vorschub leiste, was der Faktencheck als irreführend einordnete. Trump warf Twitter daraufhin vor, sich in die US-Präsidentschaftswahl im November einzumischen.
Wie Trump Plattformen im Netz in die Schranken weisen will, ist bislang unklar. US-Justizminister William Barr ist beauftragt, genauere Gesetzgebung dazu auszuarbeiten. Trump sagte bereits, er rechne mit Klagen gegen seinen Vorstoß. Die Demokraten halten die Aktion für ein Manöver Trumps, um von dessen Versäumnissen in der Corona-Pandemie abzulenken.
Verfügung gegen soziale Netzwerke
Die Verfügung nimmt den umfassenden rechtlichen Schutz der Online-Dienste ins Visier - einen Grundpfeiler, der Facebook, Twitter und YouTube in ihrer heutigen Form erst möglich gemacht hat. Trump will eine als „Section 230“ bekannte Klausel überprüfen lassen. Gemäß dieser Regelung werden Online-Dienste nicht für von Nutzern veröffentlichte Inhalte haftbar gemacht. Zugleich wird Plattformen dadurch erlaubt, gegen bestimmte Inhalte oder Nutzer vorzugehen.
Barr betonte, die Klausel solle nicht abgeschafft, aber reguliert werden. Sie sei weit über ihren ursprünglichen Zweck hinaus strapaziert worden. Man schaue sich verschiedene gesetzgeberische Optionen dazu an. In der Verfügung werden außerdem Ministerien und Bundesbehörden aufgerufen, ihre Ausgaben für Werbung und Marketing auf Online-Plattformen zu überprüfen.
„Das werde ich niemals zulassen!“
Trump schrieb am Mittwochabend auf Twitter, große Technologiekonzerne unternähmen alles, was in ihrer Macht stehe, um vor der Präsidentschaftswahl im kommenden November Zensur auszuüben. „Wenn das geschieht, haben wir unsere Freiheit nicht mehr. Das werde ich niemals zulassen!“ Trump bemüht sich im November um eine zweite Amtszeit.
Twitter-Chef verteidigt Faktencheck
Twitter-Chef Jack Dorsey übernahm die Verantwortung, nachdem der zuständige Manager des Kurznachrichtendienstes von Trump-Anhängern online massiv angegriffen worden war. „Es gibt jemanden, der letztendlich für unsere Handlungen als Unternehmen verantwortlich ist, und das bin ich. Bitte lassen Sie unsere Mitarbeiter aus dem Spiel.“ Man werde weiterhin „auf falsche oder umstrittene Informationen“ über Wahlen weltweit hinweisen. Das mache Twitter nicht zum „Schiedsrichter über die Wahrheit“, twitterte Dorsey mit Blick auf eine entsprechende Äußerung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg.
Facebook kein „Schiedsrichter über die Wahrheit“
Zuckerberg hatte zuvor in einem Interview des Trump wohlgesonnenen Senders Fox News gesagt, Facebook fahre eine andere Linie als Twitter. „Ich glaube einfach fest daran, dass Facebook nicht der Schiedsrichter über die Wahrheit bei allem sein sollte, was die Leute online sagen.“ Das ist seit Jahren der Kurs von Facebook, obwohl es bei dem Online-Netzwerk auch viele Faktenchecks gibt. Facebook lässt jedoch grundsätzlich keine Faktenchecks bei Äußerungen von Politikern zu - obwohl das Online-Netzwerk dafür stark kritisiert wurde. Fox News zeigte zunächst nur wenige Sätze aus dem Zuckerberg-Interview, sodass unklar blieb, ob er sich nicht differenzierter äußerte.
Dem US-Präsidenten folgen auf Twitter mehr als 80 Millionen Menschen - ein über Jahre aufgebautes Publikum, das er nicht schnell zu einem anderen Dienst übertragen kann. Dem Kurznachrichtendienst wurde wiederholt vorgeworfen, nicht gegen falsche, irreführende oder beleidigende Tweets Trumps vorzugehen.
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