Kritik am Polit-Klima

Kopftuchverbot: Europarat fordert Überarbeitung

Politik
02.06.2020 09:57

Der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats kritisiert das Kopftuchverbot an Österreichs Volksschulen. Das Gesetz sollte überarbeitet werden, „um sicherzustellen, dass es den Neutralitätsgrundsatz respektiert, ein legitimes Ziel verfolgt und frei von jeglicher Form von Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Schülern ist“, kritisierte das Experten-Gremium in einem Bericht vom Dienstag.

In diesem Zusammenhang übte der Antidiskriminierungsausschuss auch scharfe Kritik an den Politikern für den Umgang mit Muslimen in Österreich. „Es gibt einen hohen Grad an Islamophobie, und der öffentliche Diskurs ist immer fremdenfeindlicher geworden. Politische Reden haben äußerst spaltende und antagonistische Grundtöne angenommen, insbesondere in Bezug auf Muslime und Flüchtlinge“, heißt es in dem Bericht.

Alle Parteien sollten Hassreden verbieten
„Politische Führungskräfte aller Seiten müssen sich unmissverständlich gegen jede rassistische Hassrede aussprechen und auf die Äußerung solcher Hassrede mit einer eindeutigen Gegenbotschaft reagieren“, forderten die Experten. „Alle politischen Parteien des Landes sollten Verhaltenskodizes verabschieden, die den Gebrauch von Hassrede verbieten und ihre Mitglieder und Anhänger aufrufen, sich dieser nicht zu bedienen.“

Kopftuch im Unterricht (Symbolfoto) (Bild: APA/dpa/Bernd Thissen)
Kopftuch im Unterricht (Symbolfoto)

„Anlass zur Sorge“ sehen die Experten des Europarates auch durch weitere Mängel. Sowohl der Gleichbehandlungsanwaltschaft als auch der Gleichbehandlungskommission fehle es an ausreichend Personal und finanziellen Mitteln. Die Antidiskriminierungsgesetze seien aufgrund der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der österreichischen Bundesregierung und den Bundesländern weiterhin komplex und fragmentiert. Die Unterscheidung zwischen Gleichbehandlungsgesetz und Antidiskriminierungsgesetzen der einzelnen Bundesländer führe häufig zu Verwirrung und Rechtsunsicherheit.

Keine systematische Erfassung von Schutzbedürftigen
In Österreich erfolge noch immer keine umfassende und systematische Erfassung von Daten zu Hassrede und hassmotivierter Gewalt, kritisierte das Gremium weiters. „Der Grad der Nichterfassung, insbesondere bei schutzbedürftigen Gruppen, ist ein Problem.“ Obwohl 2017 in den Staatsanwaltschaften entsprechende Sonderabteilungen eingerichtet wurden, hätten diese Einheiten noch nicht ihre Tätigkeit aufgenommen.

Besorgt zeigte sich der Europaratsauschuss auch zu Meldungen mutmaßlicher Praktiken eines ethnischen Profiling (Racial Profiling) durch die österreichische Polizei, insbesondere in Bezug auf Dunkelhäutige und Muslime, die nach wie vor stattfinden würden.

Kritik an Verstaatlichung der Asylberatung
Auch zu Integrationsmaßnahmen ist der Bericht kritisch. Die gesetzliche Einrichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Juni 2019 habe „ernste Fragen“ zur Bereitstellung kostenloser Rechtshilfe für Asylsuchende aufgeworfen, heißt es in dem Bericht. Österreich müsse sicherstellen, dass Asylsuchende durch eine vollständig unabhängige Einrichtung kostenlose Rechtsberatung und -hilfe erhalten.

(Bild: APA/Hans Punz, krone.at-Grafik)

Das Recht von intersexuellen Kindern auf körperliche Unversehrtheit und körperliche Selbstbestimmung sollte wirksam geschützt werden, forderte das Gremium weiters. Das bedeute etwa, dass medizinisch unnötige Operationen und andere Behandlungen zur „Normalisierung“ des Geschlechts verboten werden, bis das Kind in der Lage ist, auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechts und des Grundsatzes einer freien und informierten Einwilligung an der Entscheidung mitzuwirken.

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