Der Andrang zum Auftakt des Ibiza-U-Ausschusses war der Brisanz des Themas durchaus angemessen - mit Kameraleuten und technischem Personal waren 75 zum Teil internationale Medienvertreter schon Donnerstag Früh an Ort und Stelle. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper sprach in Anspielung auf den Ausflug von Bundeskanzler Sebastian Kurz gar von einem „Kleinwalsertal zwei“. Zuerst sagte dann „Falter“-Journalist Florian Klenk aus, der noch einmal ausführlich zum Inhalt der folgenschweren Videoaufnahmen Stellung nahm und in den dort getätigten Aussagen „Vorbereitungen zu Regierungskriminalität“ sah. Schließlich nahm Heinz-Christian Strache selbst vor dem Ausschuss Platz.
Die aktuellen Entwicklungen im Ibiza-U-Ausschuss im Live-Blog:
Strache: „Gibt seit Jahren einen Plan, mich zu vernichten“
Das Medieninteresse am ehemaligen Vizekanzler und Ex-FPÖ-Chef, der seit nunmehr gut einem Jahr mit den privaten und politischen Folgen des Ibiza-Videos zu kämpfen hat, ist enorm. Strache erklärte aber gleich zu Beginn, auf Anraten seines Anwaltes zu vielen Details der Thematik nichts sagen zu wollen. Er verlange zuerst volle Akteneinsicht.
Strache sprach allerdings einmal mehr von einer „Tätergruppe“, die auch schon vorher Aktion gesetzt habe und vermutete eine groß angelegte Verschwörung gegen seine Person. Es gebe „seit Jahren einen Plan, mich zu vernichten“. Strache blieb übrigens auch dabei, dass er an jenem Abend in Ibiza betäubt worden sei (mehr zur Aussage von Heinz-Christian Strache lesen Sie hier).
Klenk: „Weder Strache noch Gudenus unter K.-o.-Tropfen gesetzt“
Zuvor hatte „Falter“-Journalist Florian Klenk ausgesagt - den man sich laut NEOS-Politikerin Krisper „erspart“ hätte, hätte die Justiz dem U-Ausschuss das beschlagnahmte Ibiza-Video bereits vorgelegt. Klenk erklärte unter anderem, dass er auf dem verhängnisvollen Ibiza-Video „keinerlei Drogenkonsum“ oder etwa einen Hinweis auf die Verwendung von K.-o.-Tropfen gesehen habe. Es werde in den Aufnahmen auch nicht über Drogen gesprochen. „Es wird sogar zuckerfreies Red Bull getrunken.“ Es sei auch niemand besonders stark betrunken gewesen. Am Ende der Szenerie merke Strache sogar, dass etwas nicht stimme. Strache und Gudenus hatten mehrfach behauptet, möglicherweise unter Drogen gesetzt worden zu sein.
Klenk fasste noch einmal das ganze siebenstündige Video zusammen: „Wenn man es erfinden würde, würden wir alle sagen: Das ist völlig absurd. Das glaubt keiner.“ Es sei „auf der einen Seite komisch und gleichzeitig denkt man sich, dass hier Regierungskriminalität vorbereitet wird“. Das ganze Video sei praktisch ein Versuch, aus Strache herauszuholen, was er bereit wäre zu tun, fasste Klenk zusammen (mehr zur Aussage von Florian Klenk lesen Sie hier).
Gedränge bei „medienöffentlichem Ausschuss“
Der U-Ausschuss läuft „medienöffentlich“ ab, das heißt, nur Medienvertreter dürfen dem Ausschuss beiwohnen. Nach Klenk werden beiden Ibiza-Hauptprotagonisten Ex-FPÖ-Chef und -Vizekanzler Heinz Christian Strache sowie Ex-FPÖ-Klubchef Johann Gudenus aussagen. Sowohl von SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer als auch von Krisper gab es eine Schelte für die beengten Verhältnisse rund um das Ausschusslokal in der Hofburg. Empört zeigten sich die U-Ausschuss-Mitglieder auch über das Tauziehen mit der Justiz rund um das brisante Videomaterial.
Zadic und Nehammer für Freitag geladen
Es sei „unfassbar“, dass die „Soko Tape“ sechs Wochen auf dem Video sitze und die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft daraus aus den Medien erfahren müsse, so NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Dazu müssten morgen Innenminister Karl Nehammer und Justizministerin Alma Zadic dem Ausschuss Rede und Antwort stehen.
Auch Krainer ortete eine Behinderung der Aufklärungsarbeit. Es dürfe nicht sein, dass das Innenministerium auf Akten sitze und diese geheim halte. Neben dem Video gehe es dabei um eine „Reihe von anderen Akten und Unterlagen“. Daher werde man die Befragung von Nehammer und Zadic gleich zu Beginn der Sitzung beantragen.
FPÖ sieht „schwarzen Faden“
Die FPÖ inszenierte öffentlichkeitswirksam zum Auftakt einen „schwarzen Faden“, der sich laut Fraktionsführer Christian Hafenecker durch die Ibiza-Affäre zieht. Damit suggierten die Freiheitlichen eine mutmaßliche ÖVP-Einflussnahme in die Ermittlungen. Etwa sei irritierend, dass in den gesamten Akten keine SMS oder Kurznachricht von Kurz auftauche („Offenbar existiert ein ÖVP-Filter“). Dabei habe er, Hafenecker, mehrmals beobachtet, dass der damalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit Kurz über einen Messenger-Dienst konferierte.
Kickl schießt scharf gegen Sobotka
Passend dazu nahm auch FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl am Donnerstag auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) ins Visier: „Er ist jemand, mit dem sich der U-Ausschuss befassen, als dass er ihn leiten sollte“, polterte Kickl am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck und legte Sobotka ein „enges Naheverhältnis“ zum Glücksspielkonzern Novomatic nahe.
Grüne wollen Licht in „dunkle Flecken“ bringen
Nina Tomaselli, Fraktionsführerin der Grünen, aktueller Regierungspartner der ÖVP, will in die durch das Video bekannt gewordenen „dunklen Flecken“ wie Korruption, Postenschacher und Gesetzeskauf Licht bringen. Bemerkenswert ist, dass Tomaselli einen „roten Faden“ in der bisherigen Recherche ausmacht, wonach Postenschacher und Gesetzeskauf unter Türkis-Blau „eher normal war“. Die Grünen hätten Aufklärung und Kontrolle in ihrer DNA, „egal ob wir in Opposition oder auf der Regierungsbank sitzen“.
Der ÖVP-Fraktionschef im Ausschuss, Wolfgang Gerstl, war bestrebt, das Interesse auf den damaligen Koalitionspartner FPÖ zu lenken. Diese habe „zwei Gesichter“. In dem Video habe man zwei Personen erlebt, die man sich so nicht vorstellen konnte. All die Dinge, über die gesprochen wurde, müssten „lückenlos“ aufgeklärt werden. Und zwar, „inwiefern diesen Worten Taten folgten“. Dies sei der „größte Vertrauensbruch der Zweiten Republik“ gewesen, betonte Gerstl.
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