Die Corona-Krise stellt so gut wie alle Unternehmen vor große Herausforderungen, doch gerade Start-ups, die meist noch keine großen Rücklagen haben, kämpfen mit der Situation. Die „Tiroler Krone“ hat zwei Unternehmen besucht: „Sinsoma“, die die Pandemie als Chance nützen und in acht Wochen ein Corona-Testverfahren entwickelten und „Upstream-Surfing“, die nach dem Hochwasser im Vorjahr durch die Corona-Krise heuer erneut mit einem Rückschlag umgehen müssen.
Die neuen Büros in Völs sind noch etwas leer – doch das Zuhause des jungen Unternehmens ist ohnehin das Labor. In zwei Jahren hat sich das aus der Uni Innsbruck gegründete Start-up „Sinsoma“ verdoppelt, aus den ursprünglich fünf wurden zehn Wissenschaftler. Das hat auch die Pandemie nicht geschmälert – viel mehr könnte Corona noch mehr Aufschwung bringen.
DNA–Spuren-Analyse
„Sinsoma“ ist nämlich auf DNA-Spuren-Analyse spezialisiert, nimmt etwa Proben aus Gewässern und kann so Rückschlüsse auf die darin lebenden Fischarten schließen. „Aufträge, die während des ,Lockdowns’ natürlich auch erst mal stillgelegt waren“, erklärt Gründer Michael Traugott. Man machte sich also Gedanken, wie man die Zeit sinnvoll nutzen könne – „und im besten Fall auch helfen kann“, sagt Corinna Wallinger.
Traugott, der Professor an der Uni ist, arbeitet dort schon seit einiger Zeit mit einer Forschungsgruppe an medizinischen Anwendungen – „also an der Detektion von Krankheitserregern, DNA und RNA, sprich Viren und Bakterien im Spurenbereich“, erklärt der Wissenschaftler. Expertise, die „Sinsoma“ nun schnell praktisch umsetzte.
In acht Wochen wurde ein neues Corona-Testverfahren entwickelt – und zwar von Anfang bis Ende. „Man kann sich das wie beim Kochen vorstellen“, erklärt Wallinger. „Während normale Medizinlabore ihre Kits zukaufen, ähnlich wie eine Fertigsuppe, machen wir die Suppe selbst und haben so die Kontrolle über die Zutaten.“
Die „Zutaten“ sind zudem andere als bei herkömmlichen Testverfahren, deshalb sei man auch von Materialknappheit nicht betroffen und könne mehr Tests in kürzerer Zeit durchführen – „nämlich 1000 pro Tag“, sagt die Wissenschaftlerin. Das könnte hinsichtlich der geplanten Massentests im Tourismus interessant sein. Erfolgreiche Machbarkeitstests wurden bereits durchgeführt.
Auch ein neues „Abstrichkit“ wurde entwickelt, mit einer Flüssigkeit, die das Virus sofort deaktiviert - so bleibe es nachweisbar, sogar konserviert, aber eben nicht mehr ansteckend, was den Transport vereinfache. „Als Unternehmen haben wir damit alles auf eine Karte gesetzt“, sagt Traugott, „und viel investiert.“
Perspektiven schaffen
Als Start-up lebe man von den Umsätzen, „wenn nichts reinkommt, ist man schnell erledigt“, erklärt der Gründer. Die Expertise, die die Forschenden haben, werde aber gebraucht - und soll deshalb auch angeboten werden. „Um Perspektiven zu schaffen - für das Unternehmen und uns Wissenschaftler“, sagen die Gründer.
„So etwas kann man nicht in einen Businessplan schreiben“
Während „Sinsoma“ die Krise nutzen kann, stellt sie das Start-up „Upstream-Surfing“ vor riesige Aufgaben.
Der Himmel ist wolkenverhangen, neun Grad hat der Inn - die Vorfreude, sich endlich wieder in den Strom werfen zu können, ist dennoch groß. Nach Wochen der Zwangspause kann in Innsbruck wieder gesurft werden - und Michael Strobels Augen blitzen. Der „Dornröschenschlaf“, wie er es nennt, scheint heraus gerieben. Und doch: „Einfach war es nicht“, sagt er. „Letztes Jahr hatten wir sieben Wochen Hochwasser, heuer Corona.“
Ereignisse, die man nicht planen kann und die junge Unternehmen - ohne große Rücklagen - auf Bewährungsproben stellen. „Wir haben mit den Einnahmen ab Saisonstart gerechnet“, schildert Strobel, der Surf-Sessions am Inn anbietet. Die Buchungslage sei gut gewesen, das Geld wäre direkt in die Weiterentwicklung des Produkts geflossen. Doch erstens kam Corona und zweitens, als man denkt.
Unterstützung von Freunden
„Plötzlich standen wir vor der Frage, ob wir dieses Jahr überhaupt schaffen“, erzählt der Jungunternehmer. Denn ein digitales Angebot mache in ihrem Fall keinen Sinn. Unterstützung kam von Freunden, die eine Crowdfunding-Aktion für die Surfer starteten. „Und wir haben einen Förderantrag gestellt“, sagt Strobel. Auf dessen Ausgang warte man noch. In erster Linie gelte es nun aber, die Saison zu starten. „Das Buchungsverhalten ist noch vorsichtig“, erklärt er.
„Eine Pandemie kann man nicht in einen Businessplan schreiben“, sagt der 30-Jährige, „und ohne Vision geht es nicht.“ Natürlich wolle man wirtschaftlich sein, doch die Motivation des Start-ups ist das Surfen - „deshalb machen wir weiter“, sagt der Gründer, bevor er in seinen Nepoprenanzug steigt und sich einmal mehr in das kalte Wasser wirft.
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