Sie sind rund um den Globus Botschafter des Musiklands Österreich und ein Teil des UNESCO-Weltkulturerbes. Doch die Krise trifft auch die Wiener Sängerknaben hart - als gemeinnütziger Verein bekommen sie keine Subventionen und kämpfen nun ums Überleben.
Eigentlich ist es Walt Disney zu verdanken, dass die Wiener Sängerknaben stolz den österreichischen „Bundesadler“ auf ihren berühmten Uniformen tragen. Der Hollywood-Tycoon war ein großer Fan der Truppe, er produzierte Anfang der 60er-Jahre sogar den Sängerknaben-Spielfilm „Almost Angels“. „Damals meinte er, die Wiener Sängerknaben machen so viel für Österreich in der ganzen Welt, da müssten sie doch auch das Wappen tragen“, erzählt Präsident und künstlerischer Leiter Gerald Wirth. „Diesen Anstoß nahm die Regierung ernst, und so sind die Sängerknaben die, soweit ich weiß, einzige private Institution, die den Adler tragen darf.“
Wobei hier die Betonung auf „privat“ liegt – das könnte man bei einer Kulturinstitution wie den Sängerknaben fast vergessen. Sie gehören so fix zu Österreich wie Mozartkugel und Riesenrad. Sie tragen den Ruf der Musiknation Österreich in die ganze Welt, werden in Amerika ebenso umjubelt wie in Japan und stehen mit den größten Dirigenten und Orchestern auf der Bühne. Sie haben mit Ban Ki-moon gejodelt, und die japanische Kaiserin durchbrach für sie das strenge Hofzeremoniell, um sie persönlich am Klavier zu begleiten. Österreich ohne die Wiener Sängerknaben – einfach unvorstellbar.
Verein finanziert sich komplett selbst
Und doch sind sie, wie man vielleicht denken könnte, kein staatlich subventionierter Betrieb, sondern ein gemeinnütziger Verein, der sich komplett selbst finanziert. „Zu einem großen Teil tun wir das mit unseren Tourneen und Konzerten“, so Wirth. Doch die Corona-Krise brachte die Wiener Sängerknaben nun erstmals in ihrer 500 Jahre alten Geschichte zum Verstummen. Alle Termine mussten abgesagt werden, die Internatsräume blieben leer.
„Auch für die Herbsttournee in die USA sieht es momentan nicht gut aus“, befürchtet Gerald Wirth. Schon jetzt haben die Wiener Sängerknaben einen Verdienstentgang von mehr als 800.000 Euro, bis Ende des Jahres könnte er auf zwei Millionen anwachsen. Doch Hilfe vom Staat gibt es bislang keine. „Wenn wir keine Unterstützung durch den Staat oder Spendengelder bekommen, dann sind wir im Oktober zahlungsunfähig.“
Nicht nur die berühmten Konzertchöre sind davon betroffen. Derzeit besuchen mehr als 300 Kinder den Campus im barocken Wiener Augarten. Alle Schüler bekommen ein Stipendium, die Eltern müssen nur einen kleinen Teil des Schuldgelds beisteuern. „Die Schule steht allen talentierten Kindern offen, aus allen Schichten“, betont Dramaturgin und Pressesprecherin Tina Breckwoldt. „Bei uns lernen sie im Team zu arbeiten und gemeinsam zu musizieren.“ Neben der Schule gibt es auch einen Mädchenchor und einen Chor für Laien. „Da sind Menschen von 16 bis 91 Jahren dabei, die einfach leidenschaftlich gerne singen.“
Langsam kehrt die Musik in den Augarten zurück, der Schulbetrieb wurde wieder aufgenommen, kleine Proben finden mit viel Abstand im Schwimmbad statt. Doch leider steht den Wiener Sängerknaben das Wasser tatsächlich bis zum Hals. Helfen Sie mit, dass dieses einzigartige Kulturgut Österreichs nicht untergeht!
Kronen Zeitung
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