Es kracht im Gebälk bei Volkswagen: Konzernchef Herbert Diess muss - nachdem er wegen Technikproblemen in die Kritik geraten war - die Führung der Kernmarke abgeben. Diess, der als Vorsitzender des Markenvorstands auch für die Sparte mit dem VW-Logo zuständig war, solle so „mehr Freiraum für seine Aufgaben als Konzernchef“ bekommen, teilte der Aufsichtsrat des weltgrößten Autobauers am Montagabend nach einer Sondersitzung in Wolfsburg mit.
Diess‘ Nachfolger ist der bisherige Co-Geschäftsführer Ralf Brandstätter.
Künftig kümmert sich Diess primär um die Leitung der ganzen Volkswagen-Gruppe. Er hat aber im Konzernvorstand nach wie vor „die Gesamtverantwortung für den Bereich Volkswagen Pkw sowie die Markengruppe Volumen“ inne, wie es hieß. „Ziel ist eine stärkere Fokussierung auf die jeweiligen Aufgaben an der Spitze von Konzern und Marke in der laufenden Transformationsphase der Automobilindustrie.“
Brandstätter hatte schon wichtige Bereiche des Tagesgeschäfts bei der VW-Kernmarke gelenkt. Zum 1. Juli ist der bisherige „Chief Operating Officer“ nun allein am Ruder. „Er hat bereits in den zurückliegenden zwei Jahren Volkswagen als COO erfolgreich geführt und die Transformation an entscheidender Stelle mitgestaltet“, sagte Diess, der in Personalunion auch für die Kernsparte verantwortlich war. Zuletzt hatten sich hier Technik- und Kommunikationsprobleme gehäuft.
Mitarbeiter waren „massiv besorgt“
Der Druck auf Diess, der im Sommer 2015 von BMW zu VW gekommen war, nahm in den vergangenen Wochen zu. Vor allem aus der Belegschaft und aus dem mächtigen Betriebsrat war zu hören, er müsse die anhaltenden Schwierigkeiten in der Produktion des Golf 8 und beim neuen Elektroauto ID.3 zur Chefsache machen und mehr Präsenz in der Fertigung zeigen. Hinzu kam gegenüber dem ganzen Management Kritik an der Aufarbeitung des Shitstorms um ein rassistisches Golf-Werbevideo im Internet. Die einflussreichen Vertrauensleute der IG Metall erklärten, Mitarbeiter zeigten sich „massiv besorgt“ wegen des Bildes, das VW abgebe.
Zunächst hatte es Spekulationen gegeben, dass Porsche-Chef Oliver Blume als neuer Leiter der Kernmarke nach Wolfsburg wechseln und seinerseits vom bisherigen Skoda-Chef Bernhard Maier abgelöst werden könnte. Nun lief es jedoch auf den in Wolfsburg sehr erfahrenen Brandstätter hinaus.
VW-Beschaffungsvorstand scheidet aus
Außerdem ist VW ab sofort auf der Suche nach einem neuen Beschaffungsvorstand. Stefan Sommer, der die Position bisher innehatte, verlässt den deutschen Autobauer zum Monatsende. Sommer scheide „auf eigenen Wunsch im besten gegenseitigen Einvernehmen“ aus, hieß es. Das Vorstandsressort werde bis auf weiteres kommissarisch von Finanzchef Frank Witter verantwortet. Gründe für Sommers überraschendes Ausscheiden wurden nicht genannt.
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