Mobilfunk-Posse im deutschen Sachsen-Anhalt: Nach Jahren als Funkloch hatte eine 1000-Einwohner-Gemeinde bei einer Ausschreibung der Telekom den für den Provider wenig lukrativen kostenlosen Aufbau von LTE-Infrastruktur gewonnen. Aufgrund von Skepsis im Gemeinderat findet der Bau des neuen LTE-Senders nun aber nicht statt. Die Bewohner befürchten gesundheitliche Auswirkungen durch den neuen Handymast.
Mit der „möglichen elektromagnetische Strahlung mit unabsehbaren Folgen für die Gesundheit“ begründete der Gemeinderat in der 1000-Seelen-Gemeinde Nemsdorf-Göhrendorf laut Golem.de, wieso er den Bau des neuen LTE-Handymasts stoppen lässt, nachdem sich die Gemeinde zuvor selbst um eine bessere Internetanbindung beworben hatte. Der geplante Mast stünde „unmittelbar im Ortskern“ auf einer Gemeinschaftshalle. Den Standort hatte die Gemeinde aber selbst vorgeschlagen.
Einen Euro sollen wir Miete für den Standort bekommen, dabei wissen wir, dass die Telekom im Nachbarort 2000 Euro zahlt.
Bürgermeister Jürgen Reh
Bürgermeister klagt über geringe Standortmiete
Der „Mitteldeutschen Zeitung“ nannte Bürgermeister Jürgen Reh noch einen weiteren Grund für den Baustopp. „Einen Euro sollen wir Miete für den Standort bekommen, dabei wissen wir, dass die Telekom im Nachbarort 2000 Euro zahlt.“ Andere Standortvorschläge als jenen auf dem Kulturtreff im Ortskern habe man bei der Telekom ignoriert.
Tatsächlich hätte der Standort am Dach der Kulturhalle optimal für den Sendemasten gepasst, um den ganzen Ort mit bis zu 150 Megabit schnellem Internet zu versorgen. Man habe bereits Geld - 100.000 Euro hätte der Ausbau die Telekom gekostet - investiert, dann kam von der Gemeinde die Info über den Beschluss des Baustopps aufgrund der Gesundheitsbedenken im Gemeinderat, heißt es von der Telekom.
Bürger hoffen auf nächste Gemeinderatsdebatte
In Nemsdorf-Göhrendorf spaltet die Angelegenheit die Bevölkerung. Jenen Akteuren, die keinen Handymast im Ortskern haben wollen, weil sie um ihre Gesundheit fürchten, stehen naturgemäß technikgläubigere Bürger gegenüber, die sich sehr wohl über schnelles Internet im chronischen Funkloch gefreut hätten. Sie hoffen, dass der Gemeinderat seine Entscheidung bei der nächsten Sitzung noch einmal überdenkt. Die Telekom wäre grundsätzlich weiterhin willens, das Projekt umzusetzen.
Mobilfunk-Gesundheitsbedenken sind so alt wie das Handy selbst und seit Jahrzehnten Gegenstand aufgeheizter Debatten. Zuletzt nahm die Thematik Fahrt auf, weil der anlaufende 5G-Aufbau von kruden Verschwörungstheorien begleitet wird, die in manchen Ländern gar in Gewalt gegen Mobilfunkunternehmen und ihre Mitarbeiter münden. Die Wissenschaft ist indes gespalten, was die Auswirkungen von Mobilfunkstrahlung angeht.
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