Fünf Jahre danach

Amokfahrt in Graz: Die Wunden werden nie verheilen

Steiermark
14.06.2020 06:00

Am kommenden Samstag jährt sich die Grazer Amokfahrt von Alen R. zum fünften Mal. Ein trauriges Jubiläum, dessen Opfer nie in Vergessenheit geraten dürfen. Eines davon erinnert sich für die „Krone“ an die schrecklichen Momente, die ihr Leben für immer verändert haben. Trotz allem möchte sie an jenem 20. Juni nicht trauern, sondern ihn voller Hoffnung begehen. Und das Leben feiern.

Der 20. Juni 2015 – ein Tag, der die Menschen in Graz in Schockstarre versetzte. Ein Tag, der tiefe, lang anhaltende Trauer über die Stadt der Menschenrechte brachte. Jener Tag, an dem der damals 26-jährige Alen R. mit seinem grünen SUV Menschen in der Innenstadt wie Freiwild jagte, auf einige mit einem Messer losging. Drei Personen, darunter ein vierjähriger Bub, haben das nicht überlebt, 43 Menschen wurden schwer verletzt. Ein weiterer Mann verstarb acht Monate später im Spital.

Lebenslange Haft und Einweisung
Er habe sich verfolgt gefühlt und in Panik gehandelt, nachdem er Schüsse gehört hatte, rechtfertigte sich der gebürtige Bosnier vor Gericht, ein religiöses Motiv stecke nicht hinter seinen Taten. Obwohl seine Ex-Frau von Burka-Zwang und vielen Moschee-Besuchen erzählte. „Lebenslange Haft und Einweisung“ lautete schließlich das Urteil nach einer von Emotionen geprägten Verhandlung.

In der Schmiedgasse hatte die schreckliche Amokfahrt ein Ende. (Bild: Christian Jauschowetz)
In der Schmiedgasse hatte die schreckliche Amokfahrt ein Ende.

Panik und Schreie
Auf zweieinhalb Kilometern hinterließ Alen R. eine Spur der Verwüstung, zerstörte Menschenleben. Auch die Studentin Lisa (Name von der Redaktion geändert) wurde zu seinem Opfer. Sie erinnert sich im Gespräch mit der „Krone“: „Meine Freundin und ich haben gerade unsere Räder durch die Herrengasse geschoben. Dann habe ich ein Auto hinter uns bemerkt. Ich dachte, es wäre ein Lieferwagen. Plötzlich ist Panik ausgebrochen, meine Freundin hat zu schreien begonnen.“ Der Versuch, sich in eine Passage zu retten, scheiterte. „Vom Aufprall weiß ich nichts mehr. Aufgewacht bin ich im Krankenhaus auf der Intensivstation.“

(Bild: sepp pail)

Mutter pflegte schwer verletztes Kind
Lisa hatte ein Schädel-Hirn-Trauma, Brüche an beiden Oberschenkeln und dem Becken, einen Leber- und Milzriss sowie weitere, schweren Blessuren erlitten. Danach saß sie mehrere Wochen im Rollstuhl, liebevoll umsorgt von ihrer Mutter, kämpfte darum, wieder gehen zu können.

Körperliche und seelische Schmerzen
Aber nicht nur die körperlichen, auch die seelischen Schmerzen machen der tapferen Frau bis heute zu schaffen. „Manchmal geht es mir besser, manchmal schlechter.“ Graz den Rücken zu kehren, kam ihr dennoch nicht in den Sinn. „Im Gegenteil, ich wollte schnell weiterstudieren. Aber das Lernen funktioniert nicht mehr so leicht wie vorher, ich muss oft Pausen einlegen, weil es nicht geht.“

Zitat Icon

Ich will mit meinen Freunden meinen zweiten Geburtstag und das Leben feiern.

Lisa, Opfer der Amokfahrt

Den Jahrestag am Samstag will sie mit Freunden im Park verbringen. Aber nicht in Trauer: „Nein, ich will mit ihnen meinen zweiten Geburtstag und das Leben feiern. Vergessen sollte man diesen Tag aber nie“

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