Moderne Sklaven?

Erntehelfer arbeiten „unter unhaltbaren Zuständen“

Österreich
17.06.2020 15:18

Bilder eines Erntehelfer-Quartiers in Niederösterreich sorgen für Empörung: Dreck, Schimmel an den Wänden und bis zu acht Personen in einem Zimmer. „Wir wurden behandelt wie Sklaven“, erklärt eine Rumänin gegenüber Medien. Die Frau hat laut einer Aussendung „unhaltbare Zustände“ aufgedeckt. Um einen Einzelfall handle es sich dabei nicht.

„Vier Euro Stundenlohn, 14 Stunden pro Tag, sechs bis sieben Tage Arbeit pro Woche. Kostenpunkt für das heruntergekommene Quartier: vier Euro pro Person und Nacht.“ So sei es der Rumänin und ihren Landsleuten ergangen, die seit Ende April als Erntearbeiter auf einem Spargelbetrieb im niederösterreichischen Bezirk Gänserndorf tätig gewesen seien. „Vielleicht wird klar, warum die Landwirte lieber Arbeitskräfte aus Ost- und Südosteuropa wollen“, so die „Sezonieri“-Kampagne, die sich für die Rechte der Erntehelfer in Österreicher einsetzt, auf Facebook.

Die Frau, die sich bei ihrer Arbeit im Bezirk Gänserndorf ausgebeutet gefühlt hat, wird von der Kampagne und der Produktionsgewerkschaft PRO-GE unterstützt. Saisonarbeiter würden „Jahr für Jahr unter teils katastrophalen Bedingungen österreichisches Obst und Gemüse ernten“, so die „Sezonieri“-Kampagne und die Gewerkschaft. Die Rumänin habe „die Zustände öffentlich gemacht“ und werde nun „darin unterstützt, ihre Rechte geltend zu machen“.

Mindestlohn 7 Euro netto
Laut Kollektivvertrag muss man Erntehelfern in Niederösterreich 8,66 Euro pro Stunde brutto zahlen (7,07 Euro netto). Der Mindestlohn ist 1224,21 Euro netto und muss monatlich ausbezahlt werden. Für die Unterbringung darf der Arbeitgeber maximal 1,31 Euro pro Tag abziehen. Der Vertrag, den man der Erntehelferin vorab nach Rumänien schickte, war okay. Er wurde aber ihrer Meinung nach nicht eingehalten.

Symbolbild (Bild: APA/dpa)
Symbolbild

Corona-Krise offenbart Missstände in der Erntearbeit
„Solche Arbeitsbedingungen sind nicht der Einzelfall, als der sie gerne dargestellt werden“, hielt Cordula Fötsch von der „Sezonieri“-Kampagne in der Aussendung fest. „Immer wieder kommt es in österreichischen Landwirtschaftsbetrieben zu Lohndumping“, ergänzte Peter Schleinbach, Bundessekretär für Branchen- und Kollektivvertragspolitik in der PRO-GE. Die Corona-Krise habe die Missstände in der Erntearbeit offenbart. Nun müsse sich auch die Politik intensiv damit auseinandersetzen, wie man ein System gestalten könne, das nicht auf Ausbeutung beruhe.

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