Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten am Freitag per Videogipfel über den Corona-Wiederaufbau und das Mehrjahresbudget. Die Positionen liegen denkbar weit auseinander - etwa zwischen den „Sparsamen Vier“ inklusive Österreich und der deutsch-französischen Achse. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) signalisierte vor den Gesprächen Kompromissbereitschaft: Er hoffe auf „eine Annäherung“, sagte er am Freitagvormittag, wie bereits tags zuvor ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg. So könnte es bei einem weiteren, diesmal wieder physischen Treffen der Staats- und Regierungschefs im Juli eine Einigung geben.
Die EU-Hilfen müssten in die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wie Ökologisierung und Digitalisierung und nicht in „rückwärtsgewandte Investitionen“ fließen, so Kurz. Insbesondere Ideen in Richtung bedingungsloses Grundeinkommen, Reisegutscheine oder Bankenrettung erteilte er eine Absage. Zum Verhältnis Kredite und Subventionen wollte sich der Kanzler nicht in die Karten schauen lassen: „Es ist ein Gesamtpaket.“
Knackpunkt Kredite vs. Zuschüsse
Drei Punkte seien ihm wichtig, betonte Kurz: Der „Recovery Fonds“ müsse eine „einmalige Aktion“ und „zeitlich befristet“ sein und dürfe „kein Einstieg in die Schuldenunion durch die Hintertür“ sein. Dass Anträge bis 2024 gestellt werden könnten, sieht Kurz kritisch, dies falle nicht mehr unter schnelle Soforthilfe. Zweitens stellt sich laut dem Kanzler die Frage, wer zahle, und, damit verbunden, das Verhältnis zwischen Krediten und Zuschüssen. Drittens müsse auch klar sein, wohin, dass Geld fließe und zu welchen Bedingungen, auch in Hinblick auf die Rechtsstaatlichkeit.
Blümel: „Wir alle werden 30 lange Jahre abzahlen müssen“
Kurz‘ ÖVP-Kollege, Finanzminister Gernot Blümel, gab sich weniger verbindlich: „Wir sind immer zu Verhandlungen bereit, wir können jedoch diesen Plan nicht akzeptieren“, sagte er gegenüber der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ über den 750 Milliarden Euro schweren Vorschlag der EU-Kommission (siehe auch Grafik oben). „Brüssel will glauben lassen, dass die Hilfen kostenlos sind, aber das ist nicht so. Wir alle werden 30 lange Jahre diesen riesigen Schuldenberg abzahlen müssen“, so Blümel.
Brüsseler Appelle: „An einem Strang ziehen“, „Jetzt ist die Zeit“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte die Staats- und Regierungschefs davor aufgerufen, nationale Interessen zurückzustellen, um die Corona-Krise zu bewältigen. „Ich bin überzeugt, dass wir uns für den gemeinsamen Erfolg auf das große Bild konzentrieren müssen“, sagte sie Freitagfrüh. „Es kommt darauf an, dass wir alle an einem Strang ziehen.“ Ähnlich Ratspräsident Charles Michel: „Wir müssen eine gemeinsame Verantwortung erfüllen“, twitterte er. „Jetzt ist die Zeit, sich zu engagieren.“
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