3300 Tests ausständig
Bereits 1029 Infizierte unter Tönnies-Mitarbeitern
Nach dem Coronavirus-Ausbruch beim größten deutschen Schweinefleischproduzenten Tönnies sind bereits 1029 Mitarbeiter positiv auf das Virus getestet worden. Insgesamt 3127 Befunde liegen mittlerweile vor, hieß es am Samstag vom Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer. Auf die Bevölkerung habe der Ausbruch bisher keine Auswirkung gehabt. Alle 6500 Mitarbeiter des Standortes sind seit Freitag mitsamt ihrer Haushaltsangehörigen in Quarantäne - auch der Chef des Betriebs sowie das Management.
Seit dem am Mittwoch bekannt gewordenen Massenausbruch unter den Mitarbeitern der Fleischfabrik im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück werden alle Mitarbeiter getestet. Auch am Samstag wurden die Reihenuntersuchungen auf dem Gelände des Betriebs sowie durch mobile Teams fortgesetzt. Die Fabrik wurde für 14 Tage geschlossen. Nachlaufarbeiten sind noch möglich und werden von jenen Mitarbeitern durchgeführt, die unter sogenannter Arbeitsquarantäne stehen. Das heißt, sie dürfen ausschließlich zwischen ihrem Wohnort und der Fabrik pendeln.
Mehrere Kleinbusse mit ausländischen Kennzeichen brachten am Vormittag zumeist Männer zum Werk - aber nicht alle trugen dabei Schutzmasken. Auch Fahrzeuge der Uniklinik Bonn und der Bezirksregierung Detmold kamen zum Schlachtereibetrieb. Mitarbeitende trugen Masken und Kühlboxen auf das Gelände. Auch Einsatzkräfte der Polizei waren an Ort und Stelle. Seit Freitag unterstützen Bundeswehrsoldaten die Maßnahmen.
Einige der Mitarbeiter - auch der Chef - unter „Arbeitsquarantäne“
Der Kreis hatte am Freitag verfügt, dass alle rund 6500 Tönnies-Mitarbeiter am Standort Rheda-Wiedenbrück mitsamt allen Haushaltsangehörigen in Quarantäne müssen. Das betreffe auch die Verwaltung, das Management und die Konzernspitze, teilte der Kreis Gütersloh am Freitagabend mit. Für einige Mitarbeiter gilt allerdings die „Arbeitsquarantäne“ - nach Angaben eines Konzernsprechers auch für den Gesellschafter Clemens Tönnies.
20 mobile Teams sind zu 1300 Adressen unterwegs
Etwa 20 mobile Teams seien nun im Landkreis unterwegs, um sich an 1300 Adressen, die für Gütersloh eruiert werden konnten, die Wohnverhältnisse der Mitarbeiter anzuschauen, weitere Abstriche zu machen und die Menschen über die Pandemie zu informieren. Soldaten sind ebenso dabei wie Dolmetscher mit Rumänisch- und Polnisch-Kenntnissen, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“. Man versuche so, einen kompletten Shutdown des Kreises zu vermeiden.
Die Unterstützung von Tönnies bei der Herausgabe der Adressen sei zögerlich gewesen, so der Leiter des Krisenstabes, Thomas Kuhlbusch, der das als „nicht witzig“ beschrieb. Das Vertrauen in die Familie Tönnies sei „auf null“, man habe sich in der Nacht auf Samstag in der Konzernzentrale Zugriff auf die Personalakten der Firma beschaffen müssen. Denn bis zum Freitagvormittag hätten noch immer 30 Prozent der Adressen gefehlt.
Noch kein Corona-Ausbruch „in dieser Größe“ in dem Bundesland
Das Land will die Quarantäneanordnung für die Mitarbeiter konsequent durchsetzen. Es werde dazu alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, hatte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), am Freitagabend in Düsseldorf gesagt. „Wir müssen sicherstellen, dass sich in dieser Situation jeder an die Regeln hält.“ Einen Corona-Ausbruch habe es „in dieser Größe“ in dem Bundesland bisher nicht gegeben.
Einen regionalen Lockdown schloss Laschet ausdrücklich nicht aus. Noch könne das Infektionsgeschehen lokalisiert werden. Aber: „Sollte sich dies ändern, kann auch ein flächendeckender Lockdown in der Region notwendig werden“, so Laschet. Landrat Adenauer betonte: „Wir haben keinen signifikanten Eintrag von Corona-Fällen in die allgemeine Bevölkerung. Wenn wir das Geschehen rund um die Firma Tönnies nicht hätten, hätten wir es im Kreis Gütersloh mit einem ganz normalen Verlauf zu tun.“
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