Pleite in Tulsa
Haben TikTok-User Trump vor Auftritt ausgetrickst?
Er hatte mit „fast einer Million“ Menschen bei seiner ersten Massenveranstaltung seit dem Corona-Lockdown gerechnet. „Der Andrang ist unglaublich“, hatte er noch kurz vor seinem Abflug nach Tulsa im US-Bundesstaat Oklahoma gesagt. Doch es scheint so, als hätten zahlreiche User des sozialen Video-Netzwerks TikTok US-Präsident Donald Trump ausgetrickst. Offenbar hatten sie im Vorfeld der Veranstaltung Tausende Tickets reserviert, aber nie die Absicht zu erscheinen. Zahlreiche leere Plätzen in der Arena waren eine weithin sichtbare Enttäuschung im groß angekündigten Wahlkampf-Neustart.
Rund 19.200 Plätze fasst die Arena in Tulsa, etwa 12.000 Menschen waren bei Trumps Show dabei. Allerdings bestand fast die Hälfte aus Medienvertretern oder Mitgliedern des Wahlkampfteams. „Echte“ Besucher bzw. gescannte Tickets waren es laut „The Hill“ rund 6200. Trump und sein Team hatten mit einem Vielfachen gerechnet und vor der Arena eine Bühne und eine Videoleinwand aufgebaut - in der Erwartung, dass die Arena überfüllt werden würde. Der Platz vor der Halle blieb aber weitgehend leer, der Auftritt wurde abgesagt. Popstar Pink ließ es sich nicht nehmen, auf Twitter zu spotten, dass sie die Arena „in fünf Minuten“ ausverkauft habe.
Trump: „Schlechte Menschen, die schlechte Dinge tun“
Der Kommunikationsdirektor von Trumps Wahlkampfteam, Tim Murtaugh, warf „radikalen Demonstranten“ und Medien vor, Trump-Fans vom Besuch der Kundgebung abgehalten zu haben. Auch Trumps Wahlkampfberaterin Mercedes Schlapp machte am Sonntag im Sender Fox News Demonstranten für die ausgebliebenen Besucher verantwortlich. Am Rande von Trumps Auftritt kam es zwar zu Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt, die Proteste blieben aber weitgehend friedlich, wie die Polizei in Tulsa berichtete. Trump bezeichnete die Proteste gegen ihn als „schlechte Dinge, die von schlechten Menschen“ getan würden.
„Und lassen Trump dort alleine auf der Bühne stehen“
Nun wurde bekannt: TikTok-Nutzer haben möglicherweise zu den viel zu hohen Erwartungen die Besucherzahlen betreffend beigetragen. Der Sender CNN berichtete am Sonntag, auf dem meist von Kindern und Jugendlichen genutzten Netzwerk habe es Aufrufe gegeben, sich kostenlos für ein Ticket zu registrieren, dann aber nicht zu der Veranstaltung zu erscheinen. Eine ältere Nutzerin namens Mary Jo Laupp, die sich als „TikTok-Großmutter“ bezeichnet, sagte in ihrem Video: „All jene von uns, die diesen Saal mit 19.000 Sitzplätzen kaum gefüllt oder völlig leer sehen wollen, gehen jetzt Karten reservieren und lassen ihn (Trump) dort alleine auf der Bühne stehen.“ Für den Antrag auf Reservierung war nur die Angabe einer Handynummer erforderlich.
Trumps Wahlkampfmanager Brad Parscale sagte CNN, „Linke und Online-Trolle“ bildeten sich ein, einen Einfluss auf die Teilnehmerzahl von Trump-Kundgebungen zu haben. Sie lägen damit aber falsch. Vor der Kundgebung in Tulsa seien Zehntausende falsche Handynummern aussortiert worden.
Erste Massenkundgebung seit Beginn der Corona-Krise
Es war Trumps erste Kundgebung seit Beginn der Corona-Krise in den USA Anfang März. Teilnehmer mussten sich bei der Registrierung damit einverstanden erklären, dass die Organisatoren nicht für eine Covid-19-Erkrankung und mögliche Folgen haftbar gemacht werden. Vor der Kundgebung wurden sechs Mitarbeiter des Wahlkampfteams positiv auf das Coronavirus getestet, wie Kommunikationsdirektor Murtaugh mitteilte. Trump selber trug wie üblich keine Maske bei seinem Auftritt.
Tulsa verzeichnete am Tag vor der Kundgebung die meisten Infektionen seit Beginn der Corona-Pandemie: 136 neue Fälle wurden registriert, wie die örtliche Gesundheitsbehörde mitteilte. Im Bundesstaat Oklahoma insgesamt sieht es ähnlich aus: Nach der Statistik der Johns-Hopkins-Universität sind auch dort die Neuinfektionen in den vergangenen Tagen deutlich gestiegen. Mehr als 20 weitere US-Bundesstaaten verzeichnen eine Zunahme.
„Weniger testen, damit die Infektionszahlen nicht steigen“
Unter dem Applaus seiner Anhänger sagte Trump in der Arena, er habe seine Mitarbeiter dazu aufgerufen, Coronavirus-Tests einzuschränken, damit die Infektionszahlen in den USA nicht steigen. Die inzwischen ausgeweiteten Tests seien „ein zweischneidiges Schwert“. Er fügte hinzu: „Wenn man in diesem Ausmaß testet, wird man mehr Menschen finden, man wird mehr Fälle finden, also habe ich meinen Leuten gesagt: ,Verlangsamt bitte die Tests.‘“ Aus dem Weißen Haus hieß es auf dpa-Anfrage, Trump habe „offensichtlich gescherzt“.
Trump verglich das Coronavirus erneut mit einer Grippe - auf Englisch „flu“. Der Präsident sagte, er kenne für das „chinesische Virus“ verschiedene Namen, darunter „Kung Flu“. In den USA wurden seit Beginn der Pandemie nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität mehr als 2,25 Millionen Coronavirus-Infektionen registriert. Rund 120.000 Menschen kamen demnach ums Leben.
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