Die Festspiele müssen heuer wegen Corona improvisieren. Nicht das erste Mal. Improvisation und Zufall spielten nicht nur bei der Geburtsstunde des Festivals eine große Rolle, sondern auch bei der Entstehung des heutigen Festspielbezirkes. Die 1606/07 errichteten Hofstallungen der Fürsterzbischöfe wurden in den ersten Jahrzehnten nur als Notlösung gesehen. Mit dem Bau des Großen Hauses wurden sie dann endgültig zum Festspielbezirk.
Selbst der Domplatz - Schauplatz der ersten Aufführungen 1920 - war so nicht vorgesehen. Max Reinhardt wollte den „Jedermann“ in der offenen Reitschule (die heutige Felsenreitschule) auf die Bühne bringen. Das Material für ein Bühnenbild war so kurz nach dem Weltkrieg nicht aufzutreiben. 1921 kamen erstmals die Winterreitschule (das heutige Haus für Mozart) als Schlechtwetter-Quartier für eine Zusatzvorstellung des „Jedermann“ und das 1914 eröffnete Mozarteum als Konzertraum dazu, 1922 auch das Stadttheater (das heutige Landestheater) und die Kollegienkirche. Als Max Reinhardt 1924 seine weitere Mitwirkung von einer wetterfesten Spielstätte abhängig machte, erfolgte die erste Adaptierung der Winterreitschule: kleine Brötchen statt Gigantomanie - entsprechend der wirtschaftlichen Tristesse.
1925 wurde das „Festspielhaus“ mit Hofmannsthals „Das Salzburger große Welttheater“ eröffnet. Doch die Unzulänglichkeit der neuen Spielstätte zeigte sich sofort, sodass es schon im Jahr darauf zum neuerlichen Umbau kam. Und hier trat erstmals ein Architekt in Erscheinung, dessen Namen mit dem heutigen Festspielbezirk untrennbar verbunden ist: Clemens Holzmeister. Er bezog den heutigen Karl-Böhm-Saal und die Felsenreitschule in die Pläne ein und entwickelte so erstmals einen kleinen Festspielkomplex, von dem noch heute Teile in Form und Funktion erhalten sind. Damals entstanden das Faistauer-Foyer und die Fassade, die bis zum Bau des Hauses für Mozart bestand und auch im Neubau nachgedeutet wurde.
Die Felsenreitschule wurde 1926 erstmals planmäßig bespielt, ab 1933 dann bis zur Machtübernahme der Nazis mit der legendären Faust-Stadt Holzmeisters.
Von 1936 bis 1938 wurde das „Festspielhaus“ neuerlich umgebaut, nicht zuletzt wegen der schmalen und wenig tiefen Bühne. Holzmeister drehte den Saal um 180 Grad, errichtete den Bühnenturm und die gleichsam aus dem Fels des Mönchsbergs herauswachsende Fassade aus grob gestocktem Beton, in die er die heute nach ihm benannte Stiege auf den Stadtberg bzw. zum Festspiel-Pressebüro integrierte. Nicht realisiert wurde die von Holzmeister geplante Überdachung zwischen Festspielhaus und Universitätsaula.
Der Architekt durfte die ersten Aufführungen im neuen Haus nicht mehr besuchen: Die Nazis kamen und machten sich sofort an die Umgestaltung - gedacht als Übergangslösung bis zum Bau der „Gauburg“ mit angeschlossenem Festspielhaus auf dem Kapuzinerberg. Die Faistauer-Fresken wurden abgetragen, zum Glück aber auf Leinwand konserviert, ein Mosaik abgeschlagen und die Reliefs am Bühnenportal bis zur Unkenntlichkeit abgemeißelt. „Dem Reichsbühnenbildner (Benno von Arent, Anm.) oblag dann das eigentliche Gleichschaltungswerk des Hauses, das er dadurch vollzog, dass er durch Waggonladungen von Stuck das Gebäudeinnere in ein Vorstadtkino verwandelte. So war jeder Anklang an österreichische Bautradition verwirkt und mit ihm verschwand auch die gute Akustik und die Würde des Hauses“, schrieb Holzmeister später. Die Fresken Anton Faistauers werden 1956 wieder im Foyer angebracht.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.