Nachdem rund um den Zahlungsdienstleister Wirecard ein riesiger Bilanzskandal um mutmaßliche Luftbuchungen aufgedeckt wurde, gab es nun eine Verhaftung: Die Staatsanwaltschaft München hatte am Montag gegen den zurückgetretenen Chef Markus Braun einen Haftbefehl beantragt, der Österreicher reiste daraufhin von Wien nach München und stellte sich selbst der Polizei. Gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro kommt Braun unter Auflagen aus der U-Haft frei, wie am Dienstagnachmittag bekannt wurde. Die Strafverfolger verdächtigen Braun der Bilanzfälschung und der Marktmanipulation, aber auch gewerbsmäßiger Betrug könnte in Betracht kommen.
Beinahe zwei Milliarden Euro sind dem Unternehmen abhandengekommen - auf Treuhandkonten in Asien, wo das Geld bislang vermutet wurde, konnten sie nicht entdeckt werden. Die Finanzmittel waren offenbar nur auf dem Papier vorhanden. Diese mutmaßlichen Luftbuchungen haben das Hightech-Unternehmen aus dem Münchner Vorort Aschheim an den Rand des Abgrunds getrieben.
Wirecard hatte Anfang der Woche eingeräumt, dass die fehlende Milliardensumme sehr wahrscheinlich nicht existiere. Im Zentrum des Skandals stehen der ehemalige Wirecard-Finanzchef in Südostasien und ein ehemaliger Treuhänder, der das mutmaßlich zum Großteil gar nicht existierende Geschäft mit Drittfirmen betreute. Die Aktienkurse des Unternehmens stürzten ab.
Weiterer Österreicher wegen Skandal gefeuert
Braun trat nach Bekanntwerden des Skandals zurück. Nun ist er in Haft und wird im Laufe des Tages der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die über eine Fortdauer der Haft entscheiden soll. Brauns ehemalige rechte Hand Jan Marsalek, ebenfalls ein Österreicher, wurde vom Aufsichtsrat gefeuert. Marsalek hatte das operative Tagesgeschäft einschließlich Südostasien geleitet. Die Ermittler gehen davon aus, dass es Mitwisser bzw. Mittäter in der deutschen Unternehmenszentrale gab.
Schon länger Vorwürfe, Bilanzen sollen manipuliert worden sein
Der verschwundene Betrag entspricht immerhin einem Viertel der Bilanzsumme des Unternehmens. Dem Finanzdienstleister wurde schon seit längerer Zeit von verschiedenen Medien vorgeworfen, die Bilanzen manipuliert zu haben. „Wir prüfen alle in Betracht kommenden Straftaten“, erklärte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft München I gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“.
Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt bereits seit Wochen gegen Braun und Marsalek, allerdings ursprünglich lediglich wegen des Verdachts, Anleger in zwei Ad-hoc-Mitteilungen falsch informiert zu haben. Der Österreicher kommt nach einer Nacht im Gefängnis gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro aus der U-Haft frei. Er muss sich wöchentlich bei der Polizei melden.
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