Die Corona-Krise hat die Diskussion um Migration weitgehend aus dem Alltag verdrängt. Deutschland möchte nun im Rahmen der bevorstehenden EU-Ratspräsidentschaft eine Reform des Asylsystems umsetzen. Im Vorfeld war nun Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zu Besuch bei seinem deutschen Amtskollegen Horst Seehofer und Gesundheitsminister Jens Spahn. Thematisch versuchte Nehammer dabei den Spagat zwischen Pandemie und Flüchtlingskrise.
In den vergangenen Wochen und Monaten hat die Corona-Pandemie die Flüchtlingskrise verdrängt und in den Schatten gestellt. Die völlig überfüllten Lager mit ihren unerträglichen Zuständen auf den griechischen Inseln sind aus dem Fokus gerückt. Doch kaum hat das Virus Europa nicht mehr so fest im Griff, zeigt sich, dass die andere Problematik nicht verschwunden ist. Ein Bericht der europäischen Grenzschutzagentur Frontex ließ den Kontinent vor wenigen Tagen aufhorchen. Demnach ist die Zahl der Migranten wieder stark angestiegen. Im Mai gab es auf den Hauptrouten fast 4300 unerlaubte Grenzübertritte - beinahe dreimal so viel wie noch im April.
Reformplan: Asyl an der EU-Außengrenze prüfen
Deutschlands Innenminister Horst Seehofer (CSU) will die bevorstehende EU-Ratspräsidentschaft für eine Reform des Asylsystems nutzen. Der Plan sieht vor, die Asylberechtigung an der EU-Außengrenze zu prüfen. Unterstützung erhält Seehofer von seinem österreichischen Amtskollegen Karl Nehammer. Wie das Vorhaben konkret funktionieren soll, ist noch offen, klar ist nur, dass irgendeine Form der Verteilung erfolgen soll. Dafür wurde von Seehofer der überaus originelle Ausdruck der „flexiblen Solidarität“ erfunden.
Damit kann auch Österreich, das sich ja vehement gegen eine verpflichtende Quote wehrt, gut leben. Wenn es darum geht, weitere Flüchtlinge aufzunehmen, verweist das Innenministerium darauf, dass es heuer in Österreich bereits 1800 Asylanträge von unter 18-Jährigen, davon 360 von unbegleiteten Minderjährigen, gab. Sowohl Seehofer als auch Nehammer betonten gestern in Berlin aber auch, dass es legale Wege in die EU geben müsse.
„Ungerechtfertigte Strafen zurückzahlen“
Anschließend traf Karl Nehammer auch mit Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn zusammen. Bei dem Gespräch ging es vor allem um eine mögliche Corona-Impfung. Deutschland gehört ja mit Frankreich, Italien und den Niederlanden zu jenen Ländern, die sich – parallel zur EU-Kommission – darum bemühen, einen Impfstoff für die Europäische Union zu sichern. Die vier Staaten haben mit einem Hersteller einen Vertrag über mindestens 300 Millionen Impfdosen geschlossen.
Jens Spahn will in Deutschland die Corona-Maßnahmen politisch aufarbeiten. So weit ist Österreich nicht. Auch wenn mittlerweile klar ist, dass von der Regierung etwas anderes kommuniziert worden ist, als in den Erlässen und Verordnungen geschrieben stand. Innenminister Karl Nehammer ist gegen eine Generalamnestie die Corona-Strafen betreffend. Immerhin habe es Spuckattacken auf Polizisten oder Corona-Partys gegeben, so Nehammer. Aber dort, wo ungerechtfertigt gestraft wurde, müsse das Geld zurückgezahlt werden, betont der Minister.
„Partieller Lockdown ist schon möglich“
Ein generelles Herunterfahren des Landes, wenn die Infektionszahlen wieder deutlich steigen, will sich Nehammer nicht mehr vorstellen. Sehr wohl sei aber ein „partieller Lockdown“, also eine räumlich begrenzte Schließung denkbar.
Doris Vettermann, Kronen Zeitung
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