„Keine Wahrnehmung“, „ich erinnere mich nicht“, „da müsste ich nachsehen“ - das waren wohl die häufigsten Antworten von Finanzminister Gernot Blümel auf die Fragen der Abgeordneten im Ibiza-Untersuchungsausschuss. So wies der frühere Kanzleramtsminister und Regierungskoordinator Gedächtnislücken bei der Novelle des Glücksspielgesetzes 2018 und deren abrupten Zurückziehung als auch zu seiner Vereinstätigkeit auf. Von der „Schredder-Affäre“, der umstrittenen Bestellung Peter Sidlos als Finanzvorstand der Casinos Austria sowie den Kokain-Vorwürfen gegen ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid habe er „aus den Medien erfahren“, so Blümel.
Schon bei seinem Eingangsstatement zu Beginn der Befragung war es emotional geworden. Dieses nutzte Blümel nämlich dazu, FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker maßzuregeln. Dieser hatte zuvor vor Journalisten thematisiert, dass Blümels Schwester seit März ein Praktikum im Bundeskriminalamt absolviere - und zwar Tür an Tür mit der SoKo Tape. Blümel dazu in Richtung Hafenecker: „Lassen sie meine kleine Schwester aus dem Spiel, sie kann nichts dafür, dass ihr großer Bruder in die Politik gegangen ist.“
Anschließend startete Verfahrensrichterin Ilse Huber die Befragung. Im Raum steht der Vorwurf, ÖVP und FPÖ könnten zur Zeit der türkis-blauen Regierung Postenschacher ausgedealt haben. So etwa bei den Casinos Austria, bei denen der freiheitliche Bezirksrat Sidlo zum Finanzvorstand bestellt wurde. „Die Bestellung des Vorstandes ist Sache des Aufsichtsrates und ist daher nicht in meine Zuständigkeit gefallen“, antwortete Blümel.
Erinnerungslücken auch bei Vereinen und Casinos Austria
Seine Einbindung in der ÖVP nahe Vereine bestätige Blümel mehr oder weniger, darunter Pro Patria oder Modern Society, welche bereits von der Wiener U-Kommission unter die Lupe genommen worden waren. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) überprüft nach einer Aussage von FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache im Ibiza-Video derzeit mögliche Geldflüsse an derartige Verbindungen.
Österreich ist ein Land der Vereine. Manchmal hat man eine Funktion, manchmal keine.
Gernot Blümel vage zu seinen Tätigkeiten in ÖVP-nahen Vereinen
Hier wies Blümel bereits die ersten Erinnerungslücken auf. So konnte er nicht mehr sagen, ob er bei Pro Patria als Kassier tätig gewesen sei. Er sei „in extrem vielen Vereinen“, wie oft er da welche Funktion hatte, könne er beim besten Willen nicht sagen. An seine Tätigkeit als Obmann von Modern Society konnte er sich zwar erinnern, ob da Großspenden über 3500 Euro geflossen seien, wisse er aber nicht mehr.
Schreiben an Sazka-Chef aufgetaucht
Auch beim Thema Casinos Austria setzte die Erinnerung des jetzigen Finanzministers kurzzeitig aus. So habe er einerseits Informationen vom damaligen Finanzminister Hartwig Löger bekommen, dann wieder meinte Blümel, er hätte von der Bestellung Peter Sidlos „aus den Medien“ erfahren. SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer legte daraufhin ein von Blümel, Kurz und Löger unterzeichnetes Schreiben an Sazka-Group-Eigentümer Karel Komarek vor (Anm. die tschechische Sazka ist an den Casinos Austria beteiligt) und fragte, warum Blümel das unterschrieben habe. Die - wenig überraschende - Antwort: „Konkret kann ich mich nicht daran erinnern.“
Später gab Blümel allerdings zu, von „Bröseln“ bei den Casinos Austria gewusst zu haben. Bei Treffen mit Novomatic-Managern, Gespräche zu Postenbesetzungen, Chats oder SMS (auch mit Heinz-Christian Strache) stand es dann aber wieder schlechter um die Erinnerung des Ministers: „Ich kann für mich ausschließen, dass ich mich an ein Gespräch über Sidlo erinnere.“
Von „Schredder-Affäre“ aus den Medien erfahren
Von der „Schredder-Affäre“, bei der ein Kabinettsmitarbeiter von Bundeskanzler Kurz Mitarbeiter Festplatten unter falschem Namen hatte vernichten lassen, hat Blümel übrigens „aus den Medien erfahren“ und: „Darüber hinaus habe ich keine wesentlichen Wahrnehmungen.“ Er habe lediglich eine „geordnete Übergabe“ nach dem Ende von Türkis-Blau angeordnet. Alles Weitere sei in der Verantwortung der Mitarbeiter gelegen. Die Frage, wer dem Kabinettsmitarbeiter den Auftrag gegeben habe, beantwortete Blümel nicht.
Ein Minister ohne Laptop
Auf Nachfrage von FPÖ-Mann Hafenecker, wem er denn seinen Laptop übergeben habe, meint der damalige Regierungskoordinator, nur sein Handy übergeben zu haben: „Ich glaube, ich habe keinen Laptop gehabt.“ Eine Aussage, die nicht nur im U-Ausschuss für Verwunderung sorgte ... Hafenecker: „Reicht ein Handy, um ein Ministerium zu leiten?“ „Meine Arbeitsweise ist eine effiziente“, antwortete Blümel.
Ich glaube, ich habe keinen Laptop gehabt.
Blümel leitete sein Ministerium per Smartphone.
„Keine Wahrnehmung“ zu Kokain-Vorwürfen
Auch von den Kokain-Vorwürfen gegen ÖBAG-Chef Thomas Schmid will Blümel zuerst „nur aus den Medien“ erfahren haben, dann aber doch auch vom Aufsichtsrat der ÖBAG. „Persönliche Wahrnehmung“ wollte Blümel dazu nicht gemacht haben. Schwieriger wurde es dann auch bei der Frage, woher Blümel Schmid kenne. Entweder sei man gemeinsam in die Schule gegangen, oder aus dem Urlaub. Ganz genau konnte das nicht beantwortet werden. Nur so viel: In die Schule sind Blümel und Schmid eher nicht miteinander gegangen, denn Schmid wuchs in Tirol auf und Blümel nicht.
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