Kein Ende der Zusammenstöße zwischen kurdischen Demonstranten und linken Aktivisten auf der einen sowie türkischen Nationalisten auf der anderen Seite - in Wien-Favoriten. Erneut musste am Samstag eine Heerschar von Beamten die Aktivisten vor Angriffen junger, türkischer Männer schützen - unter ihnen die sogenannten Grauen Wölfe. Eine ultranationalistische Bewegung mit langer Blutspur aus der Türkei.
Der kurdisch-türkische Konflikt spitzt sich in Wien seit Tagen zu, auch am Samstag kam es vereinzelt zu Scharmützeln. Da der neuerliche links-kurdische Protestzug von Polizeikräften geschützt und vor der türkischen Botschaft in der Prinz-Eugen-Straße gestoppt wurde, blieben ernste Zwischenfälle laut Polizei aus. Ein kurdischer Journalist soll allerdings bei einer Attacke nach der Demo verletzt worden sein.
Dem Bundeskanzler riss inzwischen der Geduldsfaden: „Wir wollen in Österreich, insbesondere in Wien, keine Bilder von Gewalt auf den Straßen wie aus anderen Ländern“, sagt Sebastian Kurz in einem Statement gegenüber der „Krone“. „Es ist wichtig, hier eine Politik der Null-Toleranz auszuüben und unsere Demokratie sowie den Rechtsstaat mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu schützen.“
Am Montag soll außerdem der türkische Botschafter ins Außenministerium vorgeladen werden. Ozan Ceyhun hatte die Demonstranten auf Twitter als „Unterstützer von Terrororganisationen“ bezeichnet und damit auch nicht wirklich zu einer dringend nötigen Deeskalation beigetragen.
„Großtürkische“ Ideologie
Die bedrohlichen Szenen in Wien lenken die Aufmerksamkeit schlagartig auf das Untergrundpotenzial der ultranationalistischen und gewaltbereiten türkischen Bewegung der „Grauen Wölfe“.
Die Vereinigung hat besonders bei jugendlichen Österreichern mit türkischem Migrationshintergrund ihre Anhänger. Sie führt ihren Namen auf den mythischen Wolf „Bozkurt“ zurück, der einst die Türken aus dem inneren Asiens nach Anatolien geführt haben soll.
Ihre Ideologie ist das Großtürkentum über ganz Asien, konkretes Feindbild sind die Kurden in der Türkei, insbesondere deren Organisation PKK. Beide Organisationen bezeichnen sich gegenseitig als Terroristen.
Gegründet wurden die „Grauen Wölfe“ in den 1960er-Jahren von Ex-Oberst Alparslan Türkes in Verbindungen mit der ultranationalistischen Partei MHP. Dort brachte er es bis zu einem Vize-Ministerpräsidenten. Auf das Konto der „Grauen Wölfe“ gehen Hunderte Gewalttaten und Morde. Die Bewegung war unter den Militärs zeitweise verboten.
Zu den letzten Parlamentswahlen 2018 hatte die AKP von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan eine Allianz mit der MHP geschlossen. „Graue Wölfe“ fühlen sich als Vollstrecker der politischen Absichten Erdoğans.
Kronen Zeitung/krone.at
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