Bei dem von Ziehharmonikaklängen untermalten "Spiel" unter dem Titel "Moschee Ba ba" geht es laut Spielanleitung darum, per Mausklick die aus einer alpinen Landschaft - mit Bauwerken wie Kirche, Rathaus und Grazer Schloßberg - hochwachsenden Riesen-Minarette aufzuhalten, "den Ruf der roten Muezzine zu stoppen" und Zeit zu gewinnen, "die grünen Muezzine zu stoppen".
FPÖ droht bei "Schießen" mit Klage
Der kreisrunde Cursor im "Spiel" erinnert stark an ein Fadenkreuz, freilich ohne die Fäden. Bei einem Klick auf eine Moschee verwandelt sich der Kreis in eine Stopptafel. Die Aufmachung entspricht 1:1 dem System des einstigen Spieleaufregers "Moorhuhn", laut FPÖ dürfe man "Moschee Ba Ba" aber nicht als Schieß-Spiel verstehen. Landesgeschäftsführer Georg Mayer kündigte am Mittwoch gar an, jeder, der behaupte, bei dem Spiel werde geschossen, müsse mit einer Klage des Parteianwaltes rechnen. Es gebe kein Fadenkreuz, die Muezzine würden mit einer Stopptafel gestoppt.
Am Ende des "Spiels" poppt eine Online-Umfrage mit drei Punkten auf - unter anderem zu Burkaverbot, Bauverbot für Moscheen sowie der FPÖ-Forderung, alle Muslime zum Unterschreiben einer Erklärung, dass für sie die Justiz "über dem Koran" stünde, zu verpflichten.
"Spiel" aus der Schweiz übernommen
Der steirische FPÖ-Chef und Spitzenkandidat Gerhard Kurzmann (rechts im Bild im krone.tv-Interview) sprach von einem "Sturm im Wasserglas" und meinte, dies sei "die Beschäftigung mit einer Situation, die in Europa längst weit verbereitet ist". Man habe "Moschee Ba ba" gemeinsam mit der Werbefirma des Schweizers Alexander Segert gemacht, der auch schon die Werbelinie für das Minarettverbot-Referendum in der Schweiz gestaltete. Dort kam ebenfalls ein derartiges "Spiel" zum Einsatz, das dann als Vorbild für die steirische Variante gedient hat.
Staatsanwalt ermittelt nach Grünen-Anzeige
Der Grünen-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Werner Kogler, hatte bereits am Dienstag angekündigt, bei der Staatsanwaltschaft Graz eine Anzeige wegen Verhetzung gegen die FPÖ einzubringen. Am Mittwoch wurde das Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Anzeige lautet auf Verdacht der Verhetzung und Herabwürdigung religiöser Lehren. Das sind Delikte, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bzw. sechs Monaten bedroht sind.
Kogler, der die Sache an die Öffentlichkeit brachte, sprach in seiner Stellungnahme von "Susanne-Winter-Methoden im Internet". SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves und dessen ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer müssten sich endlich von "einer Koalition mit jenen distanzieren, die nur hetzen," meinte der Grüne Abgeordnete: "Die Freiheitlichen verfolgen Minarette, die es nicht gibt und 40.000 steirische Arbeitslose sind ihnen egal. Sie können nicht mehr als zu hetzen und Banken und Bundesländer zu ruinieren."
"Thema auf vollkommen dumme Art heruntergeblödelt"
Der steirische ÖVP-Klubchef Christopher Drexler bezeichnete das "Spiel" als Geschmacklosigkeit, "das ist nicht unser Stil". Kritik kam auch vom BZÖ: "Es ist schlichtweg kindisch und entwertet jegliche politisch harte Auseinandersetzung über die Gefahren des Islamismus, wenn man ein ernstes Thema auf so eine vollkommen dumme Art und Weise herunterblödelt", sagte Obmann Gerald Grosz.
Die Spitzenkandidatin der steirischen KPÖ, Claudia Klimt-Weithaler, erklärte, die FPÖ gehöre nicht in den Landtag: "Was würden die steirischen Freiheitlichen sagen, wenn in einem Spiel auf Kirchen und Priester geschossen wird?" Auch Diözesanbischof Egon Kapellari sagt: "Das Spiel hebt eine Schranke des interreligiösen Respekts auf und ist strikt abzulehnen." Es gefährde das Zusammenleben einer gemeinsamen Kultur: "Ich warne nachdrücklich davor."
Parteiinterne Kritik: "Das ist verheerend"
Das Anti-Islam-"Spiel" stieß am Mittwoch sogar innerhalb der FPÖ auf Kritik. Der niederösterreichische Abgeordnete Christian Höbart etwa sieht angesichts der negativen Reaktionen die laufenden Landtagswahlkämpfe gefährdet. "Dieses Spielchen überspannt meiner Meinung nach schlicht den Bogen", meint er in einer Mitteilung. Der Abgeordnete fordert darin eine "vernünftige Entscheidung" des steirischen Landesparteichefs und bezeichnet die Situation unter anderem als "verheerend". Die steirische FPÖ müsste außerdem eigentlich auch ihren niederösterreichischen Kollegen klagen. In Höbarts Mitteilung heißt es nämlich weiter: "Mit einem 'Abschießen' anderer Religionen will kein Mensch etwas zu tun haben".
Keine einzige Moschee in der Steiermark
In der Steiermark gibt es nach Angaben der Islamischen Glaubensgemeinschaft keine Moschee und schon gar kein Minarett. In Leoben, Bruck an der Mur, Liezen, Kapfenberg und Graz seien zwar sporadisch Gebetshäuser bzw. -räume eingerichtet worden, vom Bau einer "echten" Moschee - ob nun mit oder ohne Minarett - sei man aber mehr als weit entfernt, erklärte der Steiermark-Vorsitzende der Glaubensgemeinschaft, Kamel Mahmoud, am Mittwoch gegenüber steirerkrone.at.
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