Datenschützer besorgt

Mehr Überwachung im Job durch Corona – und danach?

Digital
01.07.2020 10:51

Im Kampf gegen Covid-19 gilt Abstand halten als wichtigstes Gebot, um die Verbreitung des Virus einzudämmen - im privaten wie im beruflichen Umfeld. Das nehmen immer mehr Firmen zum Anlass, Maßnahmen zur Überwachung einzuführen, die vor Covid-19 undenkbar gewesen wären. Datenschützer warnen: Bei aller Notwendigkeit könnten auf diesem Weg auch sensible Daten in die falschen Hände geraten.

Privatsphäre gegen das Gemeinwohl: In der Politik wird über dieses Spannungsfeld spätestens seit der „Stopp Corona“-App des Roten Kreuzes intensiv debattiert. Aber auch in der Wirtschaft sind solche Apps aktuell ein großes Thema - etwa bei der Wirtschaftsberatung PwC, die eine Corona-App für die eigenen Mitarbeiter entwickelt hat.

Symbolbild (Bild: stock.adobe.com)
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Die Funktionsweise gleicht der offizieller Corona-Warn-Apps: Via Bluetooth protokolliert das Handy Begegnungen, damit Kontakte im Fall einer Infektion gewarnt werden können. Nur mit dem Unterschied, dass die PwC-App auf Firmenebene eingesetzt wird. Nach erfolgreichen Tests im PwC-Büro in Shanghai plane man nun, die App anderen Unternehmen anzubieten, zitiert die britische BBC PwC.

In vielen Firmen wird jetzt Fieber gemessen
Das Handy nutzt auch der Autobauer Ford im Kampf gegen Covid-19: Mitarbeiter müssen dort jeden Tag bei Dienstantritt am Smartphone drei Fragen zu ihrem Gesundheitszustand beantworten, im Anschluss wird - wie bei vielen anderen Firmen auch - die Temperatur gemessen. Experimente mit Tracking-Armbändern hat man bei Ford wieder gestoppt und stattdessen in Schutzausrüstung investiert. Das Überwachungs-Armband erschien vielen Mitarbeitern dann doch ein wenig dystopisch.

(Bild: stock.adobe.com (Symbolbild))

Anderswo finden die Geräte reißenden Absatz, worunter Start-ups wie Rombit, Microshare oder Kinexon profitieren, die solche Technik verkaufen. Auch das Geschäft mit Bilderkennungs-Systemen boomt: Statt mit Armbändern zu überwachen, ob die Arbeiter Distanz halten, geht das auch mit KI-Systemen, die nebenbei sogar erkennen, ob jemand einen Mundschutz trägt.

Maßnahmen akzeptiert, aber Chance für Missbrauch
Es sind Maßnahmen, die angesichts der Pandemie von vielen Mitarbeitern akzeptiert werden, die sich selbst bestmöglichen Schutz vor einer Ansteckung am Arbeitsplatz wünschen. Datenschützer warnen allerdings vor Missbrauch und raten vor der Einführung solcher Mechanismen zum Dialog. „Wenn der Arbeitgeber im guten Glauben korrekt agiert, brauchen wir uns keine großen Sorgen zu machen“, sagt Anna Elliott von der Anwaltskanzlei Osborne Clarke der britischen BBC. Problematisch werde es allerdings, wenn mehr Infos über die Mitarbeiter gesammelt werden, als nötig.

(Bild: ©nipastock - stock.adobe.com)

Manager könnten in Versuchung geraten, ins Privatleben der Mitarbeiter einzudringen. Mit wem verbringt der Mitarbeiter privat seine Zeit? Gibt es Risikofaktoren für das Unternehmen? Solche Fragen könnten manch einen Chef interessieren, gingen aber zu weit, so Elliott. Trotzdem könnten manche Firmen ins Privatleben der Mitarbeiter eindringen - schon allein, weil in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit wohl kaum jemand dem Chef beispielsweise das Ausfüllen eines Fragebogens verweigert.

Firma in Frankreich zufrieden mit Tracking-Armband
Dass rein auf Begegnung fokussiertes Kontakt-Tracking mit Bluetooth-Armbändern im Kampf gegen Corona helfen kann, beweist der Fall einer Elektronikfirma in Frankreich. Dort konnte man in drei Fällen nach Bekanntwerden einer Covid-19-Erkrankung eines Mitarbeiters all dessen Kontakte nach Hause schicken und eine weitere Ausbreitung verhindern.

Der Privatsphäre-Preis dafür sei gering, heißt es vom Hersteller Microshare. Gesammelt werde bloß, wer wann Kontakt zu wem habe, persönliche Daten seien tabu, versichert Firmenchef Mike Moran. Man gebe das Band ja nach Dienstschluss wieder ab, trage es also nur im Job. So wie wir uns nach den Anschlägen vom 11. September an verstärkte Sicherheitskontrollen im öffentlichen Raum gewöhnt hätten, werde man sich auch an mehr solche Systeme im Arbeitsalltag gewöhnen, ist Moran überzeugt.

(Bild: APA/BARBARA GINDL)

Software überwacht auch das Home-Office
Beim Kontakt-Tracking enden die Überwachungsmaßnahmen der Unternehmen allerdings nicht. Jus-Professorin Ifeoma Ajunwa: „Wir sollten es nicht erlauben, dass die Pandemie zum Vorwand für Überwachung wird.“

Man habe schon vor der Covid-19-Krise wachsende Nachfrage nach Tools gesehen, die überwachen, was ein Mitarbeiter am PC erledigt. Manch eines erlaube dem Chef gar Zugriff auf die Webcam oder das Erstellen von Screenshots. Im Lockdown mit vielen Mitarbeitern im Home-Office sei die Nachfrage nach solchen Werkzeugen noch einmal gestiegen. Immerhin überwachen sie den Firmenlaptop auch, wenn dieser nicht in der Firma steht.

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Verkaufen sie die Daten vielleicht an ein Versicherungsunternehmen? An Datenhändler? An Banken oder Autoversicherer, die uns dann die Versicherung verweigern oder Kreditraten erhöhen? Damit könnte alles Mögliche passieren.

Ifeoma Ajunwa, Cornell University

Juristin warnt: Daten könnten verkauft werden
Gefährlich werde es, wenn die von den Firmen über ihre Mitarbeiter gesammelten Daten missbraucht werden. Ajunwa: „Verkaufen sie die Daten vielleicht an ein Versicherungsunternehmen? An Datenhändler? An Banken oder Autoversicherer, die uns dann die Versicherung verweigern oder Kreditraten erhöhen? Damit könnte alles Mögliche passieren.“

Auch Diskriminierung drohe, wenn Chefs zu viel über das Privatleben der Mitarbeiter wüssten. In Unternehmen, in denen auf Covid-19 getestet wird, sei es zudem eine Möglichkeit, die DNA der Mitarbeiter zu analysieren - und dann beispielsweise auf dieser Basis besonders durch Covid-19 gefährdete Menschen eher zu entlassen als andere.

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Ich sage nicht, dass die Arbeitgeber nichts tun können, um die Pandemie einzudämmen. Aber es gibt keine Sicherheitsmaßnahmen dagegen, dass diese Schritte für die Arbeitnehmer nachteilig sind.

Ifeoma Ajunwa, Cornell University

Ajunwa: „Ich sage nicht, dass die Arbeitgeber nichts tun können, um die Pandemie einzudämmen. Aber es gibt keine Sicherheitsmaßnahmen dagegen, dass diese Schritte für die Arbeitnehmer nachteilig sind.“

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