Für den Linzer Lungenspezialisten Bernd Lamprecht ist der Covid-19-Ausbruch in und um Linz, der die Landesregierung am Mittwoch zu einem teilweisen Shutdown von fünf Bezirken Oberösterreichs bewegte, „als Schuss vor den Bug zu verstehen“. Es zeige sich, wie rasch Fallzahlen beim Nicht-Einhalten von Präventionsmaßnahmen wieder steigen können. Die aktuelle Lage sei „zumindest sehr ernst zu nehmen“. Landeshauptmann Thomas Stelzer erklärte am Mittwochabend in der „ZiB2“, dass sich derzeit rund 1400 Personen in Quarantäne befänden - darunter all jene aus dem Umfeld des Clusters, der in Zusammenhang mit der „Freien Christengemeinde“ in Linz stehe.
Dass man zu spät gehandelt habe, da ja die AGES bereits am vergangenen Freitag einen Zusammenhang mit den steigenden Infektionszahlen und der „Freien Christengemeinde“ hergestellt habe, ließ Stelzer nicht gelten. Man habe die Infektionen „ganz genau verfolgt“ und sei den Fällen bis in die Schulen und Kindergärten nachgegangen. Die Mitarbeiter des Landes seien „von Beginn weg“ jedem einzelnen Fall „konsequent“ nachgegangen.
Covid-19-Spezialist Lamprecht appellierte in einem von der Universität Linz veranstalteten Online-Gespräch dafür, die Abstandsregeln weiter einzuhalten und den Mund-Nasen-Schutz konsequent dort zu tragen, wo mehrere Menschen auf engerem Raum zusammen sind. Der Anstieg an Coronavirus-Infektionen in Linz der vergangenen Tage sei „tatsächlich einer der stärksten, den wir beobachtet haben“. Eine solche Situation könne man nicht dauerhaft tolerieren, sagte der Vorstand der Klinik für Lungenheilkunde am Linzer Uniklinikum. Derartige regionale Zuwächse über längere Zeiträume hinweg könne auch das Gesundheitssystem nicht stemmen.
Psychologische Komponente „täte gut“
Nach den Lockerungen habe man Anfang Juni noch vom gewissenhaften Einhalten der Maßnahmen zur sozialen Distanzierung in den Wochen davor profitiert. Wenn sich jetzt Menschen weniger daran halten und vor allem längere Veranstaltungen mit vielen Leuten in engen, geschlossenen Räumen abgehalten werden, sei der Verbreitung Tür und Tor geöffnet, wenn sogenannte Superspreader anwesend sind. Neben dem Schutz für andere und in gewissem Ausmaß für einen selbst wirke das Tragen von Masken auch als Erinnerung zum Einhalten der Maßnahmen. Diese psychologische Komponente „täte uns zurzeit gut“, so der Mediziner, der das Tragen von MNS-Masken in geschlossenen Räumen als „duldbar“ bezeichnete.
Die Chancen, dass man mit den nun in Oberösterreich gesetzten Maßnahmen der Situation wieder Herr wird, bezeichnete Lamprecht als „durchaus gut“. Es müsse gelingen, hier nun „rechtzeitig Tempo herauszunehmen“, um auch eine „Vollbremsung“ im Sinne eines erneuten, umfassenderen Lockdowns zu vermeiden. Meide man weiter größere Veranstaltungen und halte die Präventionsmaßnahmen ein „kommen wir auch sicher über den Sommer“, sagte der Arzt.
„Rasch konsequent reagieren“
Für den Rektor der Uni Linz, Meinhard Lukas, ist die nunmehrige Fall-Häufung im oberösterreichischen Zentralraum auch ein Anzeichen dafür, dass viele Menschen die Situation in letzter Zeit „locker genommen“ hätten. Nun gelte es, „rasch konsequent zu reagieren“, um dann auch wieder rasch lockern zu können. Man müsse auch vielfach den Hausverstand wieder einzuschalten, denn die Verbreitungswege des Virus seien hinlänglich bekannt.
An der Uni Linz reagiert man auf die geänderten Umstände nun, indem man den in Ausnahmefällen wieder anfahrenden Präsenzprüfungsbetrieb wieder einschränkt, wie Vizerektor Stefan Koch erklärte. Man werde vereinzelt auch Prüfungen verschieben müssen und sei diesbezüglich mit den Studentenvertretern in Kontakt.
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