Vierzig Fragen im Talon, dreißig Minuten Zeit: Der zweifache Gewinner des österreichischen Grand-Prix, Max Verstappen, zieht seine Fragen nach dem Zufallsprinzip. Los geht‘s mit dem „Red Bulletin“-Interview!
„Du erwischst mich gerade am Ende meines Workouts“, schmunzelt Max Verstappen, während er von hastig vorgetäuschten Liegestützen aufspringt und sich auf die Terrasse des Apartments in Monaco setzt, wo er die letzten Monate verbracht hat. Im Hintergrund das wolkenlose Azurblau des Himmels über dem Hafen. Kein unerträglicher Ort also, um eine Auszeit zu verbringen?
„Es war nicht so schlimm“, grinst er. „Zuerst fühlte ich mich schon allein, aber ich bin viel SimulatorRennen gefahren und habe trainiert. Zum Glück gibt es inzwischen Lockerungen, wir können uns jetzt freier bewegen und auch wieder Freunde treffen.“
Und wir können einen Teil des Vormittags dazu nutzen, uns vor der Saison dringlichen Medienfragen zu widmen. Wir haben eine halbe Stunde Zeit für vierzig Fragen. Keine Chance, alle durch zubekommen. Also übergeben wir die Kontrolle an Max, lassen ihn als Losfee agieren und schauen, wie viele Fragen wir schaffen. Gut, wähle eine Zahl ... „Okay, fangen wir mit 23 an.“
#23
Was ist das Schlimmste, was du im Training tun musst?
Max Verstappen: Vom aktuellen Trainingsprogramm? Eigentlich alles! Na ja, das Schlimmste ist wohl das Intervalltraining. Intervalltraining heißt beispielsweise, du musst sechs oder achtmal einen 100-Meter-Sprint absolvieren oder etwas in der Art. Ein einziger Horror, manchmal fühlt man sich danach regelrecht krank.
#10
Du hast während der Zwangspause viel Zeit mit E-Rennen in verschiedenen Rennserien verbracht. Welche würdest du gerne in der realen Welt ausprobieren
Verstappen: Der britische McLaren Pilot Lando Norris und ich sind letztes Jahr die virtuellen 24 Stunden von Le Mans und Spa gefahren, das war extrem cool. Ich würde aber nur in einem konkurrenzfähigen Auto antreten, um auch gewinnen zu können. Schwierig, aber eines Tages wird es hoffentlich klappen. Ich habe Le Mans in der virtuellen Welt wirklich geliebt, also glaube ich, dass es in echt noch besser ist.
#7
Gibt es ein Verhaltensmuster bei dir, das du nicht magst und das du zu kontrollieren versuchst?
Verstappen: Hm ... schwierige Frage! Es gibt immer Dinge, die man zu kontrollieren versucht. Übertrieben aggressiv zu sein - um ein Beispiel zu nennen - ist nicht gut. Da muss man sich Grenzen setzen. Ich bin ein leidenschaftlicher Mensch und vielleicht bin ich manchmal zu ehrgeizig. Das muss ich in den Griff bekommen.
#9
Du hast in dem Jahr gleich zwei Versuche, den Grand Prix von Österreich erneut zu gewinnen. Aus Basis der Tests in Barcelona: Ist der RB16 das Auto, um den Hattrick zu schaffen?
Verstappen: Ehrlich gesagt ist das schon so lange her, dass es wirklich schwierig ist, etwas über die Leistung des Autos zu sagen. Damals fühlte sich der RB16 aber gut an. Ich meine, es gibt immer Details am Auto, die du verbessern möchtest, und das Team hat sicher daran gearbeitet. Wir müssen einfach abwarten. Es war bisher ein so seltsames Jahr, man kann im Moment wirklich nicht viel sagen.
#3
Was würde ein Spielberg-Hattrick für dich bedeuten? Wäre es nicht ganz was Besonderes?
Verstappen: Nun, ich würde lieber eine WM gewinnen! Mir ist es eigentlich egal, ob es ein Doppel, ein Dreifach oder ein Vierfach-Sieg ist. Solche Dinge passieren - oder eben nicht. Ich hoffe nur, dass wir ein konkurrenzfähiges Auto haben. Wenn man das Gefühl hat, dass das Auto gut funktioniert und schnell ist, ist ein Rennergebnis allein nicht so entscheidend.
#29
Wähle eine Formel-1-Epoche aus und erkläre, warum du da am Liebsten gefahren wärst: 1950er-, 60er-, 70er- oder 80er-Jahre?
Verstappen: Die 80er. Weil ich mich an die Jahre davor kaum erinnere! Mit dem Ende der 80er-Jahre verbinde ich die Erinnerung an Ayrton Senna gegen Alain Prost. Da gab es einige sehr interessante Kämpfe. Außerdem sahen die Autos herrlich aggressiv aus.
#27
Was ist das härteste, was Helmut Marko jemals zu dir gesagt hat?
Verstappen: Immer, wenn er Dinge sagte wie „Das war wirklich dumm“ oder „Das ist nicht akzeptabel, du darfst so nicht weitermachen“. Am härtesten war es wohl in Österreich 2016. Ich fuhr an die Box, obwohl keine für mich bereit war. Ich dachte, sie wollten mich reinholen, es stimmte aber nicht. Das war Mist.
#2
Deine besten drei Fahrten bei Red Bull Racing?
Verstappen: Nummer 3 ist Spanien 2016. Nummer 2 Österreich 2019. Und Nummer 1 ist Brasilien 2019.
Nicht dein erster Sieg?
Verstappen: Nein, da waren wir nicht die Schnellsten. Es war gut ... aber ich finde, ich war noch so ein Anfänger. Ich kannte das Auto nicht wirklich, ich kann das nicht als meine beste Fahrt bezeichnen. Ich habe nur dafür gesorgt, dass mich die anderen aus der letzten Kurve heraus nicht überholen konnten. Es ging bloß um einen guten Abgang.
#33
Kurz vor deinem Formel-1-Debüt meintest du, dass du zu keinem anderen Fahrer aufsiehst, aber dass du Respekt vor Fernando Alonso hast. Seitdem bist du gegen ihn und alle Stars gefahren: Ist Fernando für dich immer noch der Beste?
Verstappen: Ich bewundere, wie er mit einem unterlegenen Auto dank gutem Start oder guter erster Runde immer wieder ein weit besseres Ergebnis erzielt hat, als das Auto verdient hätte. Und er ist ein echter Kämpfer. Er mag ein schwieriger Teamkollege sein, aber am Ende des Tages muss man versuchen, das Beste für sich herauszuholen, wenn man gewinnen will. Im Gespräch war er immer ein sehr netter Kerl. Leider hatte ich nie die Gelegenheit, im direkten Duell gegen ihn anzutreten. Das ist schade, aber er ist sicher immer noch einer meiner Favoriten, allein schon wegen seinem Kampfgeist.
#22
Umgekehrte Startaufstellung und Rennrichtung, Aerodynamik-Handycaps - Was denkst du über diese Mechanismen? Brauchen wir das?
Verstappen: Ich finde, zuerst sollten wir die aktuellen Probleme lösen, damit wir wieder unter normalen Umständen fahren können. Und wenn das spannend ist, brauchen wir diese neuen Dinge nicht. Wir sollten jetzt einfach einmal loslegen und nicht versuchen, die Regeln gleich wieder noch komplizierter zu machen.
#15
Wie ärgerlich war der Gand-Prix von Mexiko 2019? Hat es wenigstens Spaß gemacht, das Feld von hinten bis auf Platz 6 aufzurollen? War es am Ende doch ein gutes Rennen?
Verstappen: Nein, für mich war es ein absolut besch***enes Rennen. Ich habe es gehasst, es war total krank! Ich habe nur noch die Runden heruntergezählt, weil ich so zornig war. Vor allem, nachdem ich meine Pole-Position verloren hatte. Wie auch immer, du startest dann als Vierter, und was da in der ersten Runde passiert ist, kann eben passieren. Und dann setze ich eine Aktion, und Bottas sieht mich nicht. Er dreht sich auf mein Rad, ich hab einen Reifenschaden und bin Letzter. Damit ist natürlich auch die ganze Strategie komplett im Eimer. Du musst dann viele Runden auf einem Satz Reifen fahren. Es war vielleicht eines der ... nein, nicht langweiligsten Rennen, weil ich kämpfen und pushen musste, aber es war nervig! Denn wir hätten das Rennen gewinnen können, wenn alles ab der Qualifikation etwas runder gelaufen wäre. Aber manchmal hat man diese Wochenenden, damit muss man sich abfinden. Man muss versuchen, das Beste aus einer schlechten Position heraus- zufahren, ein paar Punkte zu holen, dann die Koffer packen und nach Hause fahren.
#18
2020 wird eine intensive Saison. Könnte es deshalb auch eine der aufregendsten werden, die es je gab?
Verstappen: Klar, es wird ganz anders als sonst werden, aber ich hoffe natürlich, es wird interessant in einem guten Sinne. Nein, warte ... eigentlich hoffe ich, dass die Saison langweilig wird: dass ich viele Rennen gewinne und es wenig Konkurrenz gibt. Das wäre genau das Richtige.
#11
Welches Tattoo würdest du dir stechen lassen?
Verstappen: Meine Startnummer 33. Sie müsste wahrscheinlich irgendwo sein, wo man sie verstecken kann, wenn man ein Hemd oder was auch immer trägt - wahrscheinlich auf meinem Oberkörper.
The Red Bulletin
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