Nach einer tödlichen Bluttat vor einem Café in der Stadt Salzburg im Juni 2019 stehen am Dienstag zwei Männer wegen Mordes und Mordversuchs vor einem Schwurgericht in Salzburg. Laut Anklage soll ein 32-jähriger Albaner einen 46-jährigen Bosnier erschossen und dessen 24-jährigen Sohn durch einen zweiten Schuss schwer verletzt haben. Ein 35-jähriger Albaner habe die Tatwaffe zur Verfügung gestellt.
Der 32-jährige Angeklagte gab zwar zu, dass er geschossen hat, schränkte aber ein: „Ohne dass ich das wollte. Ich habe Angst gehabt, weil so viele Personen entgegengekommen sind“. Eine Person habe ein Messer dabei gehabt, er habe sich bedroht gefühlt.
Der 24-jährige Bosnier sei zuvor schimpfend aus dem Lokal gekommen und habe ihn im Vorbeigehen berührt, sagte der Gelegenheitsarbeiter zur vorsitzenden Richterin Bettina Maxones-Kurkowski. „Ich sagte, geh weg.“ Schließlich habe er dem Mann eine Ohrfeige verpasst. Daraufhin sei der Mann wieder in das Lokal hineingegangen und mit dessen Vater und mehreren Leuten herausgekommen.
Ein Freund, der 35-jährige Mitangeklagte, habe die aggressive Situation vor dem Cafe noch beruhigen und das Problem lösen wollen, erzählte der 32-Jährige. „Ich wusste, dass er eine Waffe in seiner Umhängetasche hatte.“ Er habe die Pistole aus der Tasche des 35-Jährigen herausgenommen und in Richtung des Beins des 24-Jährigen geschossen, um die Aggression zu stoppen.
„Ohne dass ich es wollte“, betonte der Beschuldigte. „Ich habe gesehen, dass ich getroffen habe, und wollte weglaufen.“ Dann sei der Vater des Verletzten mit ausgestreckten Armen auf ihn zugekommen. Er habe ihn mit der Waffe verletzen wollen, nicht schwer, nur um dann „wegzulaufen“, rechtfertigte der 32-Jährige die Schussabgabe auf den 46-jährigen Bosnier. „Ich wollte ihn nicht töten.“ Laut Staatsanwältin Sandra Lemmermayer wurde der Bosnier am Oberkörper tödlich getroffen, er starb noch „an Ort und Stelle“.
Kein Auftragsmord
Bei der Tatrekonstruktion im November hatte der 32-Jährige noch erklärt, der Schuss auf den 46-Jährigen habe sich gelöst, als dieser auf ihn gefallen sei. Laut Gutachten sind die Schüsse aber mindestens in zwei Meter Entfernung auf Vater und Sohn abgefeuert worden.
Nach der Tat haben einige Medien darüber spekuliert, dass der Hintergrund im Drogenmilieu liegen und es sich vielleicht um einen Auftragsmord handeln könnte. Ob er jemanden in Salzburg umbringen hätte sollen, fragte die Richterin „provokant“, wie sie selbst sagte. „Nein“, antwortete der Angeklagte kurz angebunden.
„Es tut mir leid, was passiert ist“
Die Vorsitzende konfrontierte den bisher unbescholtenen Albaner mit den Angaben des 35-jährigen Mitangeklagten, wonach die Waffe nicht von dem 35-Jährigen, sondern von einer unbekannten Person stamme, die während des Streits am Gehsteig vorbeigegangen und ihm diese mit den Worten „erschieß sie, sonst erschießen sie dich“ gegeben habe. „Das ist nicht die Wahrheit“, antwortete er.
Bereits zu Beginn der Einvernahme hatte sich der 32-Jährige für die Tat entschuldigt: „Es tut mir leid was da passiert ist.“ Die Witwe des Getöteten reagierte emotional auf die Aussagen des Angeklagten. Sie verließ auf Ersuchen der Richterin mit Familienangehörigen weinend den Saal, um sich wieder zu fangen.
Der Verteidiger des 32-Jährigen, Rechtsanwalt Mirsad Musliu, gab zu bedenken, dass sein Mandant an jenem 4. Juni unter Alkohol und Drogeneinfluss gestanden sei. Bereits in der Früh habe er begonnen zu trinken, auch Whisky, und einige Lines Kokain konsumiert. Es sei viel Alkohol getrunken worden, „mit fatalen Folgen“, sagte der Verteidiger. Der 32-Jährige habe niemanden töten wollen. Ein Schuss in den Oberschenkel „passt nicht, um jemanden zu töten“.
Musliu verwies zudem auf unterschiedliche Aussagen von Zeugen über den Tathergang. „Sie werden auch nach dem Prozess nicht genau wissen, was da passiert ist“, sagte er in Richtung der Geschworenen. Wenn nur ein Prozent Zweifel bestünde, sei ein Freispruch vom Mordvorwurf zu fällen, redete er den Laienrichtern ins Gewissen.
Ins selbe Horn stieß der Verteidiger des 35-Jährigen, Rechtsanwalt Kurt Jelinek. Er konnte auch kein Motiv für eine Beitragstäterschaft seines Mandanten erkennen. „Es war sehr viel Alkohol im Spiel. Da schaukelt sich die Situation hoch.“ Es habe sich damals um einen spontanen Streit gehandelt mit einer „unerwartet heftigen Eskalation“.
Sein Mandant habe weder eine Waffe noch eine Umhängetasche dabei gehabt, erklärte Jelinek. Deshalb habe dieser dem 32-Jährigen die Waffe auch nicht zur Verfügung stellen können. „Die Waffe hat ein anderer übergeben.“ Der 35-jährige Mechaniker, der zeitweise in Salzburg bei Angehörigen wohnte, sei bei dem Streit dazwischen gestanden und habe zu beruhigen versucht. Und aus Sicht des Schützen sei eine Notwehrsituation anzunehmen, meinte Jelinek.
Der Prozess wird morgen und am Donnerstag fortgesetzt.
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