Wegen Ausgangssperre

Ausschreitungen bei Protesten in Belgrad

Ausland
08.07.2020 08:33

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat kürzlich eine Ausgangssperre angekündigt, die von Freitag bis Montag gelten soll. Das stieß bei Teilen der Bevölkerung jedoch auf wenig Verständnis. Am Dienstag kam es in Belgrad schließlich sogar zu Ausschreitungen bei Protesten gegen die geplanten Maßnahmen. Demonstranten warfen dabei Steine auf Polizisten, feuerten Leuchtraketen ab und stürmten das Parlamentsgebäude. Das harte Vorgehen der Polizei bei der Auflösung der Menschenmengen sorgt aber nun für Kritik.

Serbiens Regierung versucht mit neuerlichen Maßnahmen die weiterhin rasante Ausbreitung des Coronavirus im Land einzudämmen. Neben einer Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln sowie in Geschäften und Supermärkten wurde auch eine Ausgangssperre verhängt, die von Freitag bis Montag gelten soll. Tausende Menschen demonstrierten daraufhin im Zentrum der Hauptstadt gegen die Schritte.

Demonstranten vom Parlament verdrängt
Der vehemente Einsatz der Polizei sorgte dafür, dass sich die Lage in Belgrad über Nacht wieder beruhigte, wie die staatliche Nachrichtenagentur Tanjug am Mittwoch mitteilte. Zunehmend kommt aber auch Kritik am harten Vorgehen der Sicherheitskräfte auf. So wurde nicht nur Tränengas und berittene Polizei gegen die Demonstranten eingesetzt, die Einsatzkräfte sollen auch äußerst brutal gegenüber unbeteiligten Passanten vorgegangen sein. Ein Video des Fernsehsenders „N1 Srbija“ zeigt etwa, wie Polizisten auf mehrere Personen einschlagen, die scheinbar ruhig auf einer Parkbank saßen.

Infektionszahlen erreichen Rekordstand
Die Demonstranten forderten Vucic in Sprechchören zum Rücktritt auf. Die Partei des Präsidenten hatte die Parlamentswahlen am 21. Juni klar gewonnen. Vor den Wahlen waren die Corona-Restriktionen weitgehend aufgehoben worden, es fanden Sportveranstaltungen mit Tausenden Zuschauern statt. Zuletzt erreichte die Zahl der neuen Todesfälle durch die Coronavirus-Infektion in dem Balkanstaat jedoch einen Rekordstand. Kurz vor Ankündigung der Ausgangssperre wurden 13 Todesfälle binnen 24 Stunden verzeichnet - so viele wie noch nie seit Beginn der Coronavirus-Ausbreitung in Serbien.

Massiver Patientenandrang
Zunächst war noch unklar, ob die neue Ausgangssperre nur für Belgrad gelten soll oder für das ganze Land. Dies werde der Krisenstab der Regierung entscheiden, sagte Vucic in einer Pressekonferenz. Nach Angaben des Staatschefs werden derzeit fast 4000 Corona-Patienten in Krankenhäusern behandelt. „Niemand kann diese Zahlen aushalten“, so Vucic. Besonders schwierig ist die Lage laut örtlichen Medien im Südwesten des Landes gelegenen Stadt Novi Pazar. Dort klagten Krankenhäuser Berichten zufolge über einen massiven Patientenandrang und einen Mangel an medizinischer Ausrüstung.

Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat am Dienstag neuerlich eine Ausgangssperre angekündigt. Er beschrieb dabei die Lage um den Virus als „alarmierend“. (Bild: Darko Vojinovic/AP)
Serbiens Präsident Aleksandar Vucic hat am Dienstag neuerlich eine Ausgangssperre angekündigt. Er beschrieb dabei die Lage um den Virus als „alarmierend“.

Lockerungen als Wahlzuckerl?
In Serbien war erstmals am 6. März eine Corona-Infektion nachgewiesen worden. Seither wurden in dem Balkanstaat mehr als 16.700 Infektions- sowie 330 Todesfälle gezählt. Bereits im März hatte die Regierung landesweit strenge Ausgangsbeschränkungen verhängt. Diese wurden jedoch im Juni aufgehoben. Kritiker erheben den Vorwurf, dass dies nicht zuletzt mit Blick auf die damals bevorstehende Parlamentswahl geschehen sei.

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