„Entgiftung“ in China
Wegen Internetsucht: Kinder tagelang in Einzelhaft
Vier Männer, die im Südosten Chinas eine selbsternannte Einrichtung zur Behandlung von Internetabhängigkeit betrieben haben, sind zu teilweise mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie wurden von einem Gericht für schuldig befunden, Kinder bis zu zehn Tage lang in Einzelhaft gehalten zu haben.
Die Yuzhang-Akademie ist eines von Hunderten sogenannten „Entgiftungszentren“ in China, die errichtet wurden, weil Kinder eine besorgniserregend lange Zeit im Internet verbringen. Denn trotz weitverbreiteter Zensur und strenger staatlicher Kontrolle verfügt China über eine der weltweit größten Internetnutzerbasen. Mehr als 850 Millionen Menschen haben Zugang zum Internet, unter ihnen sind rund 200 Millionen Online-Nutzer zwischen 15 und 35 Jahren.
E-Sport in China sehr beliebt
In ganz China hat E-Sport schon seit vielen Jahren Millionen von begeisterten Fans. Besonders Jugendliche träumen von einer Karriere als berühmter E-Sportler. Um das zu schaffen, müssen sie allerdings mehrere Stunden pro Tag intensiv trainieren. Einigen Politikern, Gesundheitsexperten und Eltern ist genau das jedoch ein Dorn im Auge.
Internetabhängigkeit gilt als psychische Störung
Seit 2008 gilt Internetabhängigkeit in China offiziell als psychische Störung. Seitdem haben „Entgiftungszentren“ an Popularität gewonnen. Jedoch haben viele negative Schlagzeilen über Vorwürfe von schweren körperlichen Misshandlungen in den vergangenen Jahren zu wachsenden Bedenken geführt. 2014 starb eine 19-Jährige in Zhengzhou, nachdem sie in einem dieser „Entgiftungszentren“ geschlagen wurde, berichtete die chinesische Zeitung „Global Times“.
Opfer waren noch minderjährig
Gerichtsdokumente zeigten am Dienstag, dass vier Männer der illegalen Inhaftierung für schuldig befunden wurden. Sie hielten zwölf junge Menschen bis zu zehn Tage lang in Einzelhaft an der Yuzhang-Akademie in der Provinz Jiangxi fest. Elf der Opfer waren zu diesem Zeitpunkt jünger als 18 Jahre. Drei der Männer bekamen knapp dreijährige Haftstrafen, der vierte muss für ein knappes Jahr ins Gefängnis, berichtete CNN.
Einrichtung machte bereits Negativschlagzeilen
Die Einrichtung machte bereits 2017 Schlagzeilen, nachdem die lokale Regierung angekündigt hatte, Vorwürfe von strengen körperlichen Bestrafungen gegenüber Studenten zu untersuchen. Die Akademie soll dies getan haben, um „den moralischen Charakter von Teenagern zu fördern“, berichteten staatliche Medien. Laut „Global Times“ sollen Studenten der Akademie diese beschuldigt haben, mit nichts als einer Decke und einem Topf als Toilette in kleine finstere Räume gesperrt worden zu sein.
Sperrstunde für minderjährige Chinesen
Die chinesische Regierung hat in den vergangenen Jahren einige Maßnahmen gegen die Internetsucht bei Teenagern unternommen. Im November kündigte die Regierung eine „Internet-Sperrstunde“ für Kinder unter 18 Jahren an. An Wochentagen dürfen diese 90 Minuten im Internet surfen, am Wochenende drei Stunden pro Tag. Im Mai 2019 führte die chinesische Regierung ein Suchtbekämpfungssystem für Minderjährige ein. Dieses setzte man um, indem ein Jugendschutz-Hinweis über beliebte Video-Webseiten gelegt wurde, der Nutzungszeiten und Inhalte einschränkt.
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