Vor neuer Demo

Favoriten-Krawalle: Vier Rädelsführer ausgeforscht

Wien
10.07.2020 11:28

Für Freitagabend ist in Wien-Favoriten einmal mehr eine Kundgebung linker Aktivisten angemeldet. Die Polizei wird mit einer Hundertschaft an Beamten im Einsatz sein, wie Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der Wiener Landespolizeivizepräsident Franz Aigner und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) in einer gemeinsamen Pressekonferenz ankündigten. Zu den Ermittlungsergebnissen der bisherigen gewalttätigen Ausschreitungen in Favoriten sagte Nehammer, man wisse mittlerweile, wer die Rädelsführer seien. Aigner ergänzte, man habe acht Personen „beweissicher“ Straftaten zuordnen können, darunter schwere Körperverletzungen und gefährliche Drohung: „Ich bin überzeugt, dass es hier noch zu Festnahmen kommen wird.“

Nehammer lobte zu Beginn die „sehr starke und engagierte Ermittlungstätigkeit der Wiener Polizei. Wir nehmen diese Entwicklung ernst und versuchen, einen systemischen Ansatz zu finden.“ Die Vorkommnisse in Favoriten seien von Gewalt gekennzeichnet gewesen, „auch gegen Polizisten vor Ort“, es würden sich die Hinweise verdichten, dass diese Gewalt von außen gesteuert wurde - „auch aus dem Ausland“. So sei vom Verfassungsschutz festgestellt worden, dass die Kundgebungen professionell ausgespäht“ wurden, und so etwas mache normalerweise nur die Polizei.

Video: krone.tv-Reportage aus Favoriten

Vier Rädelsführer ausgeforscht
Es habe bei den Versammlungen kurdischer Aktivisten bewusste Provokationen, etwa durch den Wolfsgruß, gegeben, denen dann eine Reaktion der Linken gefolgt sei, so Nehammer. Vier Rädelsführer wurden bisher ausgeforscht, allesamt türkische Staatsbürger bzw. Österreicher mit türkischem Migrationshintergrund. Einer davon, ein bereits bekannter Gewalttäter, habe ein Messer bei sich gehabt und damit auch Demonstranten gedroht. Er konnte sich bei den Ausschreitungen zwar der Festnahme entziehen, wurde aber mittlerweile ausgeforscht und bereits von der Polizei verhört.

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Wer immer noch glaubt, eine Versammlung stören und das Gesetz brechen zu können, muss damit rechnen, dass wir gegen ihn vorgehen.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)

Im Hinblick auf die Demo am Freitag sagte Nehammer, Versammlungsrecht sei eine Grundfreiheit, die es zu schützen gelte. Dies sei ein sehr fordernder Einsatz für die Polizei, „und ja, wir wissen, dass das auch etwas kostet“. Aber, so Nehammer: „Demokratie darf auch etwas kosten.“ Man werde nicht zulassen, dass Versammlungen dazu genutzt würden, Gewalt auszuüben. An die Demo-Teilnehmer appellierte der Innenminister, sich friedlich zu verhalten.

Der Wiener Landespolizeivizepräsident Franz Aigner (l.) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Der Wiener Landespolizeivizepräsident Franz Aigner (l.) und Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)

„Demos wurden bewusst von außen gestört“
Landespolizeivizepräsident Franz Aigner sagte, die Polizei habe von den letzten Ausschreitungen umfangreiches Videomaterial sichergestellt, das es nun auszuwerten gelte. Acht Verdächtige konnten bereits schweren Körperverletzungen, Sachbeschädigungen oder gefährlichen Drohungen zugeordnet werden: „Wir wissen jetzt, dass diese Demos bewusst von außen gestört wurden, Rädelsführer zogen im Hintergrund die Fäden.“ Viele der mutmaßlichen Täter würden das, was sie getan haben, mit „Frustration, den türkisch-kurdischen Konflikten sowie Revierkämpfen“ argumentieren, „doch das wird von der Polizei in keinster Weise geduldet“.

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Wir setzen alles daran, dass für die Bevölkerung in Favoriten Ruhe und Sicherheit herrscht.

Wiens Landespolizeivizepräsident Franz Aigner

Bei den Verdächtigen handle es sich großteils um junge Männer, alle hätten Migrationshintergrund, auch die österreichischen Staatsbürger, führte Aigner aus. Darunter seien etwa Afghanen, Syrer und eben Türken. Auf die Frage, warum es bislang keine Festnahmen gibt, sagte Aigner, dass dies im österreichischen Rechtssystem so vorgesehen sei: „Wenn Menschen einen Wohnsitz haben und es kein richtig schweres Verbrechen ist, gibt es keinen Grund für Haft.“ Allerdings rechne er damit, dass es noch zu Festnahmen und möglicherweise auch Hausdurchsuchungen kommen werde. 

Raab richtet Frühwarnsystem für Brennpunkte ein
Integrationsministerin Susanne Raab sagte, man müsse die Geschehnisse auch gesellschaftspolitisch aufarbeiten: „Was führt dazu, dass auch Migranten der zweiten und dritten Generation aus dem Ausland beeinflusst werden, welche Rolle spielen Vereine und Organisationen?“ 

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) (Bild: APA/HERBERT PFARRHOFER)
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP)

Die Konflikte in Wien-Favoriten seien nur „die Spitze des Eisbergs“ in Sachen Parallelgesellschaften und Brennpunkte. Faktoren, die hier eine entscheidende Rolle spielen, sind laut Raab nicht nur mangelnde Deutschkenntnisse oder patriarchale Strukturen: „Man muss sich vor Augen führen, dass auch der Anteil an ausländischen Staatsangehörigen in Wohngebieten entscheidend ist. Fast jeder Zweite, der in Favoriten lebt, ist im Ausland geboren.“

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Der Bezirk Favoriten ist sicher ein Brennpunkt der Stadt.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP)

Raab will daher ein „Frühwarnsystem für Brennpunkte“ einrichten, denn „Favoriten ist sicherlich ein Brennpunkt der Stadt Wien“. Auch die Wienerinnen und Wiener seien angesichts dieser Entwicklung besorgt. Man müsse daher in Zukunft alles daransetzen, die Bildung solcher „abgeschotteten Milieus“ zu verhindern. Zwar gebe es in Österreich auch Beispiele gelungener Integration, aber: „Wir müssen uns von dem Traum einer Multi-Kulti-Welt verabschieden.“

Raab bei krone.tv: Müssen Loyalität zu Österreich einfordern

Runder Tisch mit Vereinen geplatzt
Der geplante Runde Tisch mit den türkischen und kurdischen Vereinen wurde übrigens abgesagt, da diese es ablehnten, sich an einen Tisch zu setzen. Für Nehammer und Raab ein „Unding“, man werde die Vereine daher einzeln vorladen: „Wir lassen uns nicht hineinziehen in den türkisch-kurdischen Konflikt - und wir werden uns nicht vorwerfen lassen, parteiisch zu sein, indem wir nur mit einer Seite reden“, so der Innenminister.

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