Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat am Freitagabend die Entscheidung des Obersten Verwaltungsgerichts der Türkei kritisiert, die Hagia Sophia in Istanbul wieder in eine Moschee umzuwandeln.
Das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei hatte am Freitag den Weg dafür geebnet, die weltberühmte Hagia Sophia in eine Moschee umzuwandeln. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete, erkannte das Gericht den seit 1935 bestehenden Status eines Museums für den Kuppelbau aus dem 6. Jahrhundert ab.
Nach der Gerichtsentscheidung ordnete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan umgehend an, das Gebäude für das islamische Gebet zu öffnen. „Herzlichen Glückwunsch“, fügte er hinzu. Zuletzt hatte er die Umwandlung in ein Museum als „großen Fehler“ bezeichnet.
„Als Museum stand die Hagia Sophia Millionen Menschen aller Kulturen und Religionen offen. Die heutige Entscheidung, diesen Status aufzuheben, ist ein weiterer Schritt der Türkei weg von Europa, den wir zutiefst bedauern und nicht nachvollziehen können“, so Schallenberg in einer Aussendung.
Zweifel an Unabhängigkeit der türkischen Gerichtsbarkeit
Das Urteil der türkischen Gerichtsbarkeit werfe zudem die Frage nach deren Unabhängigkeit auf, so der Außenminister. „Sich von der Offenheit eines historischen Bauwerkes für alle Religionen in einer derartigen Form zu verabschieden, sehen wir sehr kritisch“, betonte Schallenberg.
„Symbiose orientalischer und europäischer Kultur“
Die Stellung der Hagia Sophia als ehemals größter Sakralbau der Welt, gehe weit über dessen architektonische Bedeutung hinaus. „Als essenzieller Bestandteil der UNESCO-Welterbestätte des historischen Istanbul hat sie großen Symbolwert und versinnbildlicht die geschichtlichen Entwicklungen der Bosporus-Region, die für die Symbiose orientalischer und europäischer Kultur steht“, unterstrich der Außenminister.
Scharfe Kritik auch aus Russland
Auch in Russland stößt die im Raum stehende Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee auf scharfe Ablehnung. „Die Bedrohung der Hagia Sophia ist eine Gefahr für die gesamte christliche Zivilisation - und damit für unsere Geistlichkeit und Geschichte“, donnerte Patriarch Kirill I.
Athen: „Erdogan führt Türkei sechs Jahrhunderte zurück“
Auch die griechische Kulturministerin Lina Mendoni kritisierte den Schritt der Türkei scharf. „Es ist eine Provokation für die zivilisierte Welt“, sagte sie nach Angaben des griechischen Staatsradios. Erdogan warf sie vor, „sein Land sechs Jahrhunderte zurückzuführen“.
Auch USA bedauern Umwandlung in Moschee
Die US-Regierung brachte ihr Bedauern zum Ausdruck: „Wir sind enttäuscht von der Entscheidung der Regierung der Türkei, den Status der Hagia Sophia zu ändern“, hieß es am Freitag in einer Erklärung der Sprecherin des Außenministeriums. Die USA erwarteten, dass die Weltkulturerbestätte weiterhin für alle Besucher zugänglich bleibt.
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