Das Burgenland wird wieder von einem Bankskandal gebeutelt. Die Bankenaufsicht hat die Commerzialbank Mattersburg über Nacht zugedreht. Die Staatsanwaltschaft ist eingeschaltet. 60.000 Kunden suchen jetzt eine neue Bankverbindung, die Einlagensicherung arbeitet auf Hochtouren. Vor allem Firmen und Gemeinden dürften eine Menge Geld verlieren. Die genaue Schadenshöhe wird erst ermittelt. In der Anzeige an die Staatsanwaltschaft ist von „einem Drittel bis zur Hälfte“ der Bilanzsumme die Rede.
Diese beträgt bei der Commerzialbank Mattersburg 800 Millionen Euro. Das Eigenkapital wurde zuletzt mit 65 Millionen Euro angegeben und dürfte daher bei Weitem nicht ausreichen. Daher ist so gut wie fix, dass demnächst der Konkurs angemeldet werden muss.
Viele Großkunden
Aufgeflogen sind die Bilanztricks, weil die Mattersburger Bank „Guthaben“ bei anderen Banken (in Größenordnungen von 50 bis 60 Mio. €) in ihren Büchern hatte, die auf der Gegenseite nirgends aufschienen. Auffällig war auch, dass auf der Einlagenseite teilweise relativ hohe Zinsen bezahlt wurden (um 2%) und umgekehrt Kredite relativ teuer vergeben wurden. Zu den Großkunden, die jetzt ihr Geld verlieren könnten, zählen neben der Frequentis AG der Konzertveranstalter Barracuda, die Energie Burgenland und natürlich die Gemeinden, in denen die Bank Filialen hatte.
Bankgründer gibt Tricksereien bei Bilanz zu
Zur Aufklärung beitragen will Bankgründer und -vorstand Martin Pucher, der allerdings schon seit Längerem gesundheitlich schwer angeschlagen ist. Laut seinem Anwalt Norbert Wess will er sich so bald wie möglich mit dem Staatskommissär treffen und Fragen beantworten. Tricksereien bei der Bilanz hat Pucher in einer Selbstanzeige zugegeben. Als Begründung gibt er laut Wess an, dass das kleine Institut die strengeren regulatorischen Auflagen nicht mehr bewältigen konnte.
Eine persönliche Bereicherung schließt er aus. Allerdings steht der Verdacht im Raum, dass Pucher „seinem“ Fußballverein SV Mattersburg mit Bankgeldern geholfen hat. Dazu konnte er noch nicht im Detail befragt werden.
Manfred Schumi, Kronen Zeitung
„Gelder sind bis 100.000 € sicher“
Die staatliche Einlagensicherung soll Bankkunden in Pleitefällen wie jetzt schützen. Wie Geschädigte an ihr Geld kommen, hat die „Krone“ bei Stefan Tacke, Chef der Einlagensicherung, nachgefragt.
„Krone“: Herr Tacke, wie kommen Kunden der Commerzialbank wieder an ihr Geld?
Stefan Tacke: Zuerst einmal brauchen sie ein neues Konto bei einer anderen Bank. Nächste Woche folgt von uns ein persönlicher Brief mit einem Code. Diesen auf unserer Auszahlungsseite eingeben, und das Geld wird sofort überwiesen. Wer kein Internet hat, kann auch mit dem Brief in die Filiale Mattersburg kommen.
Die Auszahlungsgrenze liegt bei 100.000 €, oder?
Richtig. Pro Person und Institut sind 100.000 € auf Spar- oder Girokonten gesichert. Alles darüber hinaus muss man versuchen, aus der Insolvenzmasse zu bekommen.
Hat die Einlagensicherung genug Geld?
Ja. Anfang des Jahres hatten wir 700 Mio. € in unserem Fonds. 60 Mio. € gingen an Ex-Meinlbank-Kunden, bei der Commerzialbank rechnen wir derzeit mit 450 Mio. € an gedeckten Einlagen. Sollte der Fonds dennoch nicht reichen, müssen die Banken „nachschießen“.
Interview: Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.