Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) erklärt im „Krone“-Interview die hohe Neuverschuldung und die teuren Hilfspakete der Regierung.
„Krone“: Corona-Hilfen und Mindereinnahmen bei den Steuern werden heuer ein Budgetloch verursachen, der Fiskalrat spricht von 30 Milliarden Euro.
Gernot Blümel: Den Kassasturz machen wir bis September, dann werden wir es genau wissen. Aber in diese Richtung geht es. Zum Glück haben wir keine großen Belastungen aus dem Zinsdienst. Aber viele unsere Maßnahmen, mit denen wir die Krise bekämpfen, werden noch weit ins Jahr 2021 hineingehen, wie z.B. die Kurzarbeit.
Die Wirtschaftsforscher erwarten für nächstes Jahr wieder bis zu 4 Prozent Wachstum.
Ja, aber wir werden im Haushalt noch einmal ein dickes Minus haben. Die Staatsverschuldung wird vorübergehend Richtung 90 Prozent steigen. Wir wollen jetzt nicht sparen oder jemandem etwas wegnehmen, weil die Krise ohnehin Konsum-hemmend ist. Erst danach werden wir versuchen, die Defizitkriterien wieder einzuhalten.
Es gibt eine heftige Diskussion darüber, ob die Hilfen bei den Menschen ankommen.
Das glaube ich schon. Nehmen wir die Steuerstundungen von 6,5 Milliarden Euro, die haben wir jetzt bis 15. Jänner verlängert. Daher gibt es bisher sogar deutlich weniger Insolvenzen als im Vorjahr. Bei der Kurzarbeit waren wir am Anfang sehr, sehr großzügig. Und auch der Fixkostenzuschuss wird gut angenommen. Den haben wir verbessert, damit das Geld schon jetzt im Sommer fließen kann. Bis jetzt haben wir 11.000 Anträge, aber da werden die Auszahlungen noch deutlich steigen.
Sind die Kontrollen ausreichend? Man hört immer wieder von Missbrauch.
Im Mai und Juni haben wir vor allem in der Baubranche Verstöße festgestellt, es wird immer wieder kontrolliert. Doch es war uns wichtig, schnell und gut zu helfen, damit es keine großen Verzögerungen gibt. Zu Beginn war es sicher eine Herausforderung für alle Systeme.
Ab September wird es ein neues Modell für die Kurzarbeit geben. Die Sozialpartner haben da aber noch sehr unterschiedliche Vorstellungen, der ÖGB fordert eine Vier-Tage-Woche.
Wir sitzen dabei alle in einem Boot, man wird sich einigen müssen. Aber von Ideen, die die Produktivität belasten oder die Lohnnebenkosten erhöhen, halte ich nichts.
Es gibt viele Stimmen, die sagen, nach Ende der Steuerstundungen und der Kurzarbeit kommt eine große Pleitewelle.
Da haben wir z.B. das Modell des Verlustrücktrages geschaffen, sodass man das Minus von heuer gegenrechnen kann mit den Gewinnen der Vorjahre. Das sollte helfen.
Könnten weitere Steuerentlastungen vorgezogen werden? 2022 will man erst die anderen Tarifstufen senken.
Die erste Stufe auf 20 Prozent zu reduzieren war wichtig, weil dieses Geld in der Regel gleich ausgegeben wird. Es geht jetzt vor allem darum, Optimismus zu versprühen, damit die Menschen sich wieder trauen, etwas zu kaufen. Der private Konsum geht heuer um vier Prozent zurück, die Sparquote steigt enorm. Wir müssen die Stimmung drehen, damit mehr ausgegeben wird.
Manfred Schumi, Kronen Zeitung
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