Der Vizechef des pleitegegangenen Zahlungsdienstleisters Wirecard, Jan Marsalek, wurde zunächst auf den Philippinen vermutet, danach in China. Aber all die Reisebelege waren wohl eine falsche Fährte. Tatsächlich dürfte der Österreicher nach Weißrussland geflohen sein. Dies belegen Recherchen des „Spiegel“ sowie der Investigativplattformen „Bellingcat“ und „The Insider“.
Im russischen Ein- und Ausreiseregister sei für Marsalek eine Eintragung nur Stunden nach seiner Freistellung bei Wirecard zu finden. Demnach reiste der 40-Jährige in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni über den Flughafen der Hauptstadt Minsk nach Weißrussland ein, genau zwei Sekunden nach Mitternacht. Er soll dafür einen der Reisepässe, den er bereits zuvor bei Reisen an andere Ziele verwendet hatte, benützt haben. Die Daten des Dokuments seien dem „Spiegel“ und seinen Kooperationspartnern bekannt, so das Hamburger Magazin. Eine Wiederausreise sei in den Datenbanken bisher nicht verzeichnet, was darauf hindeute, dass sich Marsalek noch immer in Weißrussland oder in Russland befinde.
Zunächst war spekuliert worden, Marsalek halte sich auf den Philippinen auf. Er sei dort auf der Suche nach insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die in den Büchern der Wirecard AG fehlten, wurde bei Bekanntwerden des Skandals zunächst kolportiert. Laut der Datenbank der philippinischen Einwanderungsbehörde war Marsalek am 23. Juni in das Land eingereist und hatte es am 24. Juni Richtung China wieder verlassen. Wenig später verkündete der philippinische Justizminister Menardo Guevarra jedoch, dass Einwanderungsbeamte die Daten frisiert hätten, um eine falsche Spur zu legen.
Insolvenz nach Bilanz-Skandal
Die ehemalige Führung von Wirecard hatte eingestanden, dass in der Jahresbilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und das Geld bei zwei philippinischen Banken vermutlich gar nicht existiert. Der Börsenkurs des Dax-Konzerns stürzte ab, das Unternehmen meldete Insolvenz an. In dem Fall ermittelt laut AFP die Staatsanwaltschaft München I. Marsalek hat über seinen Anwalt erklären lassen, sich nicht der Justiz stellen zu wollen - im Unterschied zu seinem ehemaligen Vorgesetzten, Ex-Vorstandschef Markus Braun. Dieser will mit den Ermittlern kooperieren.
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