Weiter keine Einigung
EU-Gipfel: Merkel schließt Scheitern nicht aus
Der EU-Sondergipfel zum 1,8 Billionen Euro schweren Finanzpaket ist nach bisher ergebnislosen zweitägigen Verhandlungen am späten Samstagabend vertagt worden. Ein Sprecher von Ratspräsident Charles Michel erklärte auf Twitter: „Der EU-Ratspräsident wird das Treffen morgen Mittag wieder einberufen.“ Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hält die Themen zwar für „gut aufgearbeitet“, schließt ein Scheitern der nun verlängerten Verhandlungen über das nächste EU-Budget und den „Next Generation EU“ genannten Corona-Aufbaufonds aber nicht aus. Frankreichs Emmanuel Macron hält einen Kompromiss noch für möglich.
Nach Angaben von Diplomaten soll Michel am Sonntag einen neuen Kompromissvorschlag im Verhandlungsmarathon unterbreiten. Diplomaten erwarteten ein weiteres Entgegenkommen an die Nettozahler-Gruppe der „Sparsamen Vier“ Österreich, Niederlande, Dänemark und Schweden. Der italienische Ministerpräsident Giuseppe Conte sprach am Samstagabend von einem „Patt“ in den Gesprächen und übte scharfe Kritik an den vier Nationen.
Österreich handelte besseren Budgetrabatt aus
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte am Nachmittag einen noch höheren Budgetrabatt für Österreich und einen noch geringeren Anteil an Zuschüssen beim 750 Milliarden Euro schweren Wiederaufbaufonds verlangt. Für Österreich erhöhte das neue Verhandlungspapier den jährlichen Budgetrabatt auf 287 Millionen Euro gegenüber dem früheren Entwurf, der 237 Millionen Euro vorsah. Für den siebenjährigen EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 schlug Michel ein Volumen von 1074 Milliarden Euro vor. Kurz sprach am Samstag von einer Bewegung in die richtige Richtung - „aber es ist morgen noch ein langer Weg zu gehen“.
Für Merkel der „entscheidende Tag“
Merkel sagte bei ihrem Eintreffen im EU-Ratsgebäude in Brüssel, die verschiedenen Themen - die Größe des Fonds, die Art der Steuerung und auch die Frage der Rechtsstaatlichkeit - seien „nun gut aufgearbeitet“. Ob es zu einer Lösung komme, könne sie aber nach wie vor nicht sagen, fügte die Kanzlerin hinzu. „Es gibt viel guten Willen, aber es gibt auch viele Positionen.“ Sie wolle sich für eine Einigung einsetzen, „aber es kann auch sein, dass es heute zu keinem Ergebnis kommt“. Es handelt sich dabei bereits um den dritten Verhandlungstag, den für Merkel „entscheidenden".
Frankreich will bis zu Kompromiss weiterverhandeln
Macron, der mit Merkel bei den Verhandlungen an einem Strang, will bis zu einem Kompromiss über den EU-Wiederaufbau in Brüssel weiterverhandeln. Zu den Themen, die laut Macron am dritten Verhandlungstag vor den Staats- und Regierungschefs liegen, gehört erstens die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit als Bedingung für die Vergabe der Hilfsgelder. Zweitens erwartet er sich eine Debatte über die Steuerung des schuldenfinanzierten Aufbaufonds, Vorschläge für mehr zwischenstaatliche Kontrolle liegen demnach auf dem Tisch. Drittens gehe es um die Höhe des Fonds.
„Sparsame Vier“ wollen Kredite statt Zuschüssen
Der „Next Generation EU“ genannte schuldenfinanzierte Aufbaufonds umfasst 750 Milliarden Euro (in Preisen von 2018), der Anteil der nicht-rückzahlbaren Zuschüsse wurde zuletzt von 500 Milliarden Euro auf 450 Milliarden Euro reduziert, jener der Kredite entsprechend erhöht. Die „Sparsamen Vier“ wollen die am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen Länder vorwiegend über Kredite unterstützen und lehnen Zuschüsse weitgehend ab.
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