Erste Einigung

Weniger Zuschüsse, mehr EU-Rabatt für Österreich

Politik
20.07.2020 20:35

Noch ist nicht alles in trockenen Tüchern. Aber für Österreich gibt es bereits erste Erfolgsmeldungen aus Brüssel. So dürften sich die „Sparsamen Vier“ bei der Reduzierung der nicht rückzahlbaren Zuschüsse beim Corona-Wiederaufbaufonds durchgesetzt haben. EU-Ratspräsident Charles Michel verkündete am Montagabend, dass es ein neues Kompromisspapier gebe. Darin seien die Zuschüsse mit lediglich 390 Milliarden Euro angegeben. Zudem sehe das mehrjährige Unionsbudget in puncto Rabatt eine jährliche Pauschalsumme in Höhe von 565 Millionen Euro auf die Beitragszahlungen vor. Wird dieser Kompromiss tatsächlich abgesegnet, würde sich der österreichische Rabatt von 137 Millionen Euro in der laufenden Periode vervierfachen.

Mit der Einigung auf die Höhe der Zuschüsse im 750 Milliarden schweren Wiederaufbaufonds (der Rest wird aus Krediten bestehen, Anm.) ist ein erster wichtiger Baustein für einen erfolgreichen Abschluss des nervenaufreibenden Gipfelmarathons aufgestellt. Ratspräsident Michel sagte, sein mittlerweile zweiter Kompromissvorschlag sei eine in intensiven Beratungen der Staats- und Regierungschefs entstandene „Gemeinschaftsarbeit“. „Ich weiß, dass die letzten Schritte immer die schwierigsten sind, aber ich bin zuversichtlich und überzeugt, dass eine Einigung möglich ist.“

Der EU-Ratspräsident Charles Michel (Bild: AFP/Francois Lenoir)
Der EU-Ratspräsident Charles Michel

Wer profitiert noch?
Michel legte gegenüber früheren Entwürfen (237 bzw. 287 Millionen Euro) auch noch einmal nach. Auch für andere Nettozahler erhöhte der EU-Ratschef die jährlichen Pauschalrabatte: So bekommen die Niederlande 1,921 Milliarden Euro (bisher 1,576 Milliarden), Schweden 1,069 Milliarden Euro (bisher 823 Millionen) und Dänemark 322 Millionen Euro (bisher 222 Millionen). Für Deutschland bliebe der jährliche Rabatt unverändert gegenüber dem vorangegangenen Entwurf bei 3,671 Milliarden Euro. Ursprünglich wollte die EU-Kommission mit dem Brexit alle Rabatte abschaffen, auch das Europaparlament, das jeglicher Budgeteinigung zustimmen muss, fordert eine restlose Streichung.

Doch die „Sparsamen Vier“, zu denen neben Österreich auch die Nettozahler-Staaten Schweden, Niederlande, Dänemark und neuerdings auch Finnland zählen, pochten auf eine Verlängerung der Rabatte. Der Grund: Aus dem Wiederaufbaufonds würden sie am wenigsten profitieren. Zudem müsste auch noch die Lücke, die der britische EU-Austritt hinterlässt, gefüllt werden.

Die „Sparsamen Vier“ - Mark Rutte (Niederlande), Sebastian Kurz, Stefan Lofven (Schweden) und Mette Frederiksen (Dänemark) - und Finnlands Premierministerin Sanna Marin (Bild: APA/BKA/Arno Melicharek)
Die „Sparsamen Vier“ - Mark Rutte (Niederlande), Sebastian Kurz, Stefan Lofven (Schweden) und Mette Frederiksen (Dänemark) - und Finnlands Premierministerin Sanna Marin

Briten-Rabatt ohne Briten
Das komplizierte Rabattsystem existiert seit 1985. Grund für die Einführung war der hohe Anteil an Agrarausgaben der Gemeinschaft, von denen Großbritannien aufgrund seines kleinen Landwirtschaftssektors kaum profitiert hatte. Diese Korrektur kam dann später in adaptierter Form auch anderen Nettozahlern zugute. Seit dem Sinken der Agrarausgaben ist das Rabattsystem seit Jahren ein Streitpunkt bei sämtlichen Budgetverhandlungen. 

Während ein Stolperstein also wohl aus dem Weg geräumt wurde, könnte der Gipfel an der Frage der Ausschüttung von EU-Fördermitteln scheitern. Hier beharrte Michel in seinem neuen Papier weiterhin auf die Verknüpfung mit der Rechtsstaatlichkeit. Mitgliedsstaaten sollen demzufolge mit einer qualifizierten Mehrheit die Auszahlung von Geldern stoppen können. Gegen diesen Mechanismus wehren sich Polen und Ungarn und drohen mit einem Veto. Die beiden Staaten sind wegen Verletzung der Rechtsstaatlichkeit mit Sanktionsverfahren der Europäischen Union konfrontiert, die sie aber als politisch motiviert zurückweisen. Sie befürchten, dass der neue Rechtsstaatsmechanismus dazu dienen soll, politischen Druck auf sie auszuüben.

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat einen eigenen Vorschlag zum Punkt Rechtsstaatlichkeit und EU-Finanzmittel eingebracht. (Bild: AP)
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat einen eigenen Vorschlag zum Punkt Rechtsstaatlichkeit und EU-Finanzmittel eingebracht.

Orban bekommt Schützenhilfe aus Polen und Slowenien
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat am Wochenende einen Gegenvorschlag in Umlauf gebracht, der den ganzen Mechanismus ad absurdum führen würde. Nach den Vorstellungen Orbans soll eine Mittelkürzung nämlich nur durch einstimmigen Beschluss der Mitgliedsstaaten möglich sein. Somit müsste sich auch das betroffene Land selbst Mängel attestieren, damit ihm der EU-Geldhahn zugedreht werden kann. Unterstützung gab es zuletzt auch vom slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa, der sich dagegen wandte, dass in Sachen Rechtsstaatlichkeit „mit zweierlei Maß“ gemessen werde.

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