EU jubelt über Deal
Kurz: „Mittlerweile etwas müde, aber zufrieden“
Um 5.31 Uhr zu Beginn des fünften Gipfeltages in Brüssel war die Stehpartie vorbei: „Deal“, twitterte EU-Ratspräsident Charles Michel und setzte den Schlusspunkt unter ein beispielloses Ringen um nicht weniger als 1,8 Billionen Euro. Der EU-Finanzrahmen für die nächsten sieben Jahre ist somit unter Dach und Fach, auch der historische, 750 Milliarden Euro schwere Corona-Wiederaufbaufonds steht. Rundum war in Brüssel Erleichterung zu vernehmen, auch bei Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP): „Ich bin mittlerweile etwas müde, aber inhaltlich sehr zufrieden“, teilte er in den Morgenstunden mit und reihte sich damit ein in den europäischen Jubelchor.
„Wir haben ein gutes Ergebnis erreicht für die Europäische Union, und wir haben ein gutes Ergebnis erreicht für die Republik Österreich“, so Kurz. Es sei gelungen, sich auf den Finanzrahmen zu einigen und „eine adäquate Reaktion auf die Corona-Krise zustande zu bringen“. Durch den starken Zusammenhalt der „frugalen“ Länder (Österreich, Niederlande, Schweden, Dänemark) sei es auch gelungen, viele inhaltlich wichtige Punkte durchzusetzen.
„Frugale“ Erfolge: Zukunftsinvestitionen, Befristung bei Corona-Fonds
Als Beispiele nannte Kurz die Redimensionierung des EU-Budgets im Vergleich zum Erstentwurf, die Investitionen in Zukunftsthemen und die zeitliche Befristung beim Wiederaufbaufonds - „dass es ein einmaliges Instrument ist und kein Einstieg in eine Vergemeinschaftlichung der Schulden oder eine Schuldenunion“. Die Höhe der Zuschüsse sei von den angedachten 500 Milliarden Euro auf 390 Milliarden reduziert worden. Weiters sei der österreichische Rabatt von 137 auf 565 Millionen Euro jährlich angestiegen.
Michel: Es geht nicht nur ums Geld
Ratschef Charles Michel bezeichnete die Einigung auf das Milliardenpaket gegen die Corona-Krise als einen „entscheidenden Moment für Europa“. „Das ist ein guter Deal, das ist ein starker Deal, und vor allem ist dies der richtige Deal für Europa jetzt“, so Michel. Es gehe hier nicht nur um Geld, die Vereinbarung sei auch ein Zeichen des Vertrauens für Europa und die Welt.
„Historisch!“, „Historique!“
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte, Europa habe „noch immer den Mut und die Fantasie, groß zu denken“. „Wir sind uns bewusst, dass dies ein historischer Moment in Europa ist!“ Ähnlich euphorisch zeigte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der Dienstagfrüh twitterte: „Historischer Tag für Europa!“
Merkel: „Am Schluss zusammengerauft“
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel gab sich wie ihre Kollegen erleichtert über die Einigung, wenn auch in etwas nüchterneren Worten: „Das war nicht einfach“, sagte Merkel, für sie zähle aber, „dass wir uns am Schluss zusammengerauft haben“. Neue Verhältnisse erforderten neue Methoden, dadurch habe der Gipfel auch außergewöhnlich lange gedauert.
25 Minuten fehlten auf den Allzeit-Rekord
Bei der Länge des Gipfels verpassten die Staats- und Regierungschefs freilich Historisches, wenn auch denkbar knapp: Nur 25 Minuten haben nach EU-Zeitrechnung gefehlt, um den Sondergipfel zum längsten in der Geschichte der Union zu machen. Damit bleibt der Rekord beim Gipfel von Nizza aus dem Jahr 2000 bestehen. Dieser war nach EU-Rechnung erst nach 91 Stunden und 45 Minuten zu Ende gegangen. Immerhin wurde dort ein neuer EU-Vertrag ausgehandelt, in dem etwa die Weichen für die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Länder sowie von Malta und Zypern gestellt wurden.
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