Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich geeinigt. Einerseits auf den 750 Milliarden schweren Corona-Hilfsfonds, andererseits auf das Budget von 2021 bis 2027. „Ein großer Erfolg“, findet auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) positive Worte zum EU-Gipfel. Aber was bedeutet der ausgehandelte Deal im Detail? Und wie wirkt sich das auf Österreich aus? Damita Pressl hat die letzten Tage in Brüssel gemeinsam mit „Krone“-Wirtschaftsredakteur Manfred Schumi und Europapolitik-Experte Paul Schmidt analysiert.
„Wir haben in Europa heuer einen noch nie da gewesenen Einbruch der Wirtschaft. Es wäre ein fatales Signal gewesen, wenn man sich nicht auf ein Hilfspaket einigen hätte können. Dass das gelungen ist, ist für Europa gut, für die Menschen gut, es ist für die Wirtschaft gut.“ Die Börsenkurse seien sofort gestiegen, auch in China und Amerika würde man durchaus bemerken, dass Europa handlungsfähig sei - „das Positive überwiegt bei Weitem“, analysiert Schumi (ganzes Interview im Video oben).
Der Kompromiss zwischen den „Sparsamen Vier“ und dem Rest der EU-Staaten, die 750 Milliarden an Hilfsgeldern zum einen Teil als Zuschüsse und zum anderen als direkte Kredite zu vergeben, sollte, so Schumi „eine immense Wirkung für Europas Wirtschaft haben“. Zugeständnisse mussten im Endeffekt auf beiden Seiten gemacht werden, auch wenn der Teil der Zuschüsse etwas höher ist, als der der Kredite.
Erhöhung der Rabatte ein „zweischneidiges Schwert“
Die Erhöhung des EU-Budgetrabatts für Österreich würde „national gesehen gut klingen“, trotzdem müsse man bedenken: „Das Geld fließt ins EU-Budget und wird für alle möglichen Programme verwendet, wie etwa fürs Klima. Wenn ich jetzt weniger Geld zur Verfügung habe wird es dementsprechend gekürzt. Im Endeffekt leiden auch wir darunter.“ Die Situationen in anderen Ländern könnten sich zudem jederzeit auch auf Österreich wirtschaftlich auswirken. Die Rabatt-Erhöhung sei daher ein „zweischneidiges Schwert“.
Auch für den Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik, Paul Schmidt, sind die Kürzungen im Klimaschutz- und Gesundheitsbereich „problematisch“. Im Interview (zu sehen im Video weiter unten) betont er jedoch, dass trotz aller Kompromisse, die gemacht werden mussten, man von einem „europäischen Meilenstein“ sprechen könne. Schließlich handle es sich hier um die größte Wirtschaftskrise aller Zeiten, eine Verdoppelung des EU-Budgets wurde erreicht. „Das ist schon ein großer Schritt, hier gemeinsam eine Antwort zu formulieren“, so Schmidt.
Damita Pressl im Talk mit Paul Schmidt:
„Druck bei Nettozahlern ist groß“
Das „emotionale Feilschen um das Geld“ versteht Schmidt, denn seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU, stünden die Nettozahler noch mehr unter Druck. Diese Lücke müsse selbstverständlich „geschlossen werden“. „Es wäre falsch, unseren Vorteil aus der EU-Mitgliedschaft darauf zu reduzieren, wie viel wir zahlen oder bekommen. Gerade Österreich als kleines, exportorientiertes Land hängt stark von der wirtschaftlichen Entwicklung seiner Handelspartner ab. Geht‘s den anderen gut, geht‘s uns auch gut“, schätzt Schmidt die Lage ähnlich ein wie Schumi.
„Gute Verhandlungen für Österreich“
Aber wie gut steht Österreich nach diesem Deal nun wirklich da? „Jetzt, wo Großbritannien als großer Blockierer nicht mehr am Tisch sitzt, rücken Staaten wie Niederlande, Dänemark oder Schweden ins Rampenlicht. Auch Österreich war diesmal dabei und hat vehement seine Interessen vertreten. Hat aber letztlich einem Kompromiss zugestimmt.“ So habe man als Österreich, durch niedrigere Budgetbeiträge, selbst was davon, auf der anderen Seite habe man es geschafft, ein europäisches Hilfspaket zu beschließen, von dem Österreich, wegen der Abhängigkeit zu seinen Nachbarn, auch profitiere. Fazit: „So gesehen waren es gute Verhandlungen für Österreich.“
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