Paukenschlag in der Causa zu den Tiroler Sozialen Diensten (TSD): Zwischen Ende 2018 und Anfang 2019 wurden zehn Asylwerber illegal beschäftigt. Mehrere „Krone“-Artikel deuteten bereits darauf hin. NEOS, FPÖ und Liste Fritz fordern nun den Rücktritt von Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne).
Am Sonntag, den 18. August 2019, titelte die „Tiroler Krone“ zum ersten Mal: „Asylbewohner für den Securitydienst gesucht“. Anlass dafür war ein Mail, das augenscheinlich belegt, dass im September 2018 das „Team Sicherheit“ der TSD personelle Unterstützung „im Bereich der Standposten in Innsbruck“ benötigt hat. Die Jobbeschreibung umfasste mitunter Einlasskontrollen, Verhindern von Fremdschläfern, Aufrechterhaltung und Kontrolle der Hausordnung (Rauchverbot, Alkoholverbot, Einhaltung der Nachtruhe), niederschwelliges Konfliktmanagement und Deeskalation.
Auffällige Dienstpläne, ein mutiger Informant
Am 1. September 2019 folgte der „Krone“-Artikel „Brisante neue Unterlagen“ mit Auszügen aus zwei weiteren E-Mails, die den Verdacht erhärteten, dass Heimbewohner für Securitydienste eingeteilt wurden.
Am 25. September 2019 sorgte die „Tiroler Krone“ mit dem Artikel „Brisant: Offizielle und inoffizielle TSD-Dienstpläne“ für Aufsehen. Der Anlass dafür waren zwei Dienstpläne, ausgearbeitet für Oktober 2018 für den „Sicherheitsdienst“ in der Unterkunft „Trientlgasse 2-6“ in Innsbruck. Die beiden Dienstpläne unterscheiden sich durch die zusätzliche Zeile „Gemeinnützige“ – das sind wohl Asylwerber, die zum Sicherheitsdienst eingeteilt wurden. In derselben Ausgabe sagte ein „Krone“-Informant, dass er als Zeuge beeiden könne, dass Asylwerber in den Heimen als Securitys eingesetzt worden seien.
„Tätigkeiten fallen nicht unter Gemeinnützigkeit“
Am Dienstag folgte die Bestätigung, dass diesbezüglich innerhalb der TSD nicht alles korrekt abgelaufen ist. Die Opposition aus NEOS, FPÖ und Liste Fritz verkündete, dass die TSD Asylwerber dauerhaft illegal beschäftigt hat! Zwischen November 2018 und Jänner 2019 waren zehn Asylwerber dem Sicherheitsdienst zugeteilt. Sie waren im Heim Trientlgasse tätig, in dem sie nicht wohnten. Die Tätigkeiten, für die sie 3 Euro pro Stunde erhielten, wurden dem Wesen der Gemeinnützigkeit zugewiesen.
Verwaltungsstrafe in der Höhe von 11.000 Euro
Doch laut Gesetz werden die Tätigkeiten diesen Erfordernissen nicht gerecht, wie im Strafantrag steht. Bedenklich: Erst am 15. April 2019 hat der Teamleiter beim BMI nachgefragt, ob derartige Anstellungen überhaupt erlaubt seien. Nun hagelte es eine Verwaltungsstrafe - etwa für Ex-TSD-GF Harald Bachmeier (11.000 €).
„Sicherheitsbudget wurde gekürzt“
„Jetzt kommt ans Licht, was wir als Opposition immer vermutet haben“, sagte NEOS-Klubchef Dominik Oberhofer. Er weiß auch, wie diese Causa entstanden ist: „Im Sommer 2018 hat LR Fischer als eine ihrer ersten Amtshandlungen das Sicherheitsbudget der TSD um 50 Prozent gekürzt. Dadurch musste die TSD die Lücken schließen, illegalerweise mit Asylwerbern.“
„LR Fischer hat uns nachweislich angelogen“
Von der Landesregierung betrogen fühlt sich FP-Landesparteichef Markus Abwerzger: „LR Fischer hat uns im Landtag nachweislich angelogen. Es handelt sich hier um ein Strafdelikt, das ist kein Kavaliersdelikt.“ In dieselbe Kerbe schlägt LA Markus Sint von der Liste Fritz: „Die TSD, der Aufsichtsrat und die Generalversammlung sind nicht im Stande, Mitarbeiter korrekt anzustellen. Wir sprechen hier von einem Unternehmen des Landes Tirol. Das ist das totale Chaos, das ist absolut nicht tragbar.“
Alle drei Politiker fordern nun unisono den Rücktritt von LR Gabriele Fischer.
„Es gilt, nachzuschärfen“
LR Gabriele Fischer (Grüne) bleibt dabei, dass keine Securitys in der TSD tätig waren. Sie räumt eine zu weit gefasste Rechtsinterpretation ein.
„Asylwerber*innen haben nicht - wie fälschlicherweise von Opposition behauptet wurde - als Securitys in der TSD gearbeitet. Das habe ich im Landtag und auch im U-Ausschuss immer betont und ist heute durch die Innsbrucker Behörde bestätigt worden“, sagte sie und führt weiter aus: „Dass es unter dem damaligen TSD-Geschäftsführer Harald Bachmeier zu einer zu weit gefassten Interpretation der rechtlichen Möglichkeiten gekommen ist, was eine Hilfstätigkeit ist und wo diese Hilfstätigkeit ausgeführt werden darf, und diese dann in weiterer Folge auch übernommen wurde, gilt es jetzt nachzuschärfen. Das ist durch die Entscheidung geklärt.“
„Das halte ich für grundlegend falsch“
Relevant sei für sie, dass man sich mit der Frage auseinandersetzen müsse, die dem Ganzen zu Grunde liege. „Es geht um die Frage, ob Menschen auf der Flucht, die bei uns einen Asylantrag gestellt haben, einer Arbeit nachgehen dürfen oder zum Nichtstun verdammt sind. Derzeit dürfen sie de facto nur ein paar Hilfstätigkeiten machen für wenig Geld und nur eine beschränkte Zeit. Das halte ich für grundlegend falsch. Besser wäre es, wenn Asylwerber*innen eine sinnvolle Arbeit machen können. Das bringt drei Vorteile: Erstens haben sie damit eine Tagesstruktur. Zweitens beschleunigt es die Integration massiv. Und drittens verdienen Asylwerber*innen ihr eigenes Geld“, schildert die Landesrätin.
„Da bin ich mit der Opposition auch einer Meinung“
Zur Rücktrittsforderung der Opposition betont sie: „Dass der Obmann der FPÖ mit einer Grünen Soziallandesrätin, die sich für Menschen auf der Flucht einsetzt, nicht zufrieden ist, hat wohl eher ideologische Gründe. Dass es bei der Beschäftigung von Asylwerber*innen innerhalb der TSD in der Vergangenheit offenbar zu einer Verwaltungsübertretung gekommen ist, nehme ich ernst. Sowas gilt es im operativen Bereich zu vermeiden. Da bin ich mit der Opposition auch einer Meinung.“
„Versuch ist zulässig“
Auch der Grüne Integrationssprecher Georg Kaltschmid äußerte sich zur Beschäftigung von Asylwerbern: „Dass der Versuch unternommen wurde, sehe ich aufgrund der Unschärfe im Grundversorgungsgesetz bzw. der Verordnung des Bundes als grundsätzlich zulässig an. Dementsprechend befremdlich ist die Höhe der Verwaltungsstrafe“.
Die Entscheidung, dass derartige Tätigkeiten außerhalb der eigenen Unterkunft nicht unter die derzeit geltende Rechtslage falle, sei laut Kaltschmid ein politischer Handlungsauftrag.
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