Wirecard-Skandal
Haftbefehle gegen Vorstände, Ex-Chef festgenommen
Im Betrugsskandal beim DAX-Konzern Wirecard hat die Staatsanwaltschaft in München am Mittwoch drei Haftbefehle gegen frühere Führungskräfte gestellt. Dabei gehe es unter anderem um gewerbsmäßigen Bandenbetrug und Marktmanipulation, sagte eine Sprecherin. Der Zahlungsabwickler hat demnach bereits seit 2015 Umsätze und Bilanzsummen aufgebläht. Das tatsächliche Geschäft habe aber bereits damals Verluste geschrieben, heißt es. Ex-Vorstandschef Markus Braun, ein Österreicher, wurde neuerlich festgenommen.
Anlass für die Festnahme war nach Angaben der Ermittler, dass die Tatvorwürfe noch einmal „ganz erheblich“ erweitert werden mussten. Seit 2015 hätten die drei Manager die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen durch das Vortäuschen von Einnahmen aufgebläht. Dies habe sich aus der umfassenden Aussage eines Kronzeugen ergeben.
Die neuen Haftbefehle richten sich unter anderem gegen einen früheren Finanzvorstand, aber auch erneut gegen Ex-Vorstandschef Markus Braun, einen Österreicher. Ein erster Haftbefehl gegen ihn war gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro außer Vollzug gesetzt. Der für das operative Geschäft zuständige Vorstand Jan Marsalek, ebenso wie Braun ein Österreicher, ist auf der Flucht. Er soll sich angeblich in Russland befinden.
Auch Ex-Chef Braun wieder verhaftet
In allen Fällen sei die Haftfortdauer angeordnet worden, sagte die Sprecherin. Die drei Beschuldigten seien in München festgenommen worden, sie hätten sich nicht selbst gestellt. Noch in Untersuchungshaft befindet sich der frühere Chef der Wirecard-Tochtergesellschaft Cardsystems Middle East in Dubai.
In der Bilanz fehlen 1,9 Milliarden Euro
Die Wirecard AG mit Sitz in Aschheim bei München hat Ende Juni beim Amtsgericht München einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt. Bereits zuvor hatte der Finanzdienstleister mitgeteilt, dass 1,9 Milliarden Euro, die das Unternehmen auf philippinischen Treuhandkonten verbucht hatte, „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ gar nicht existieren.
Bei diesen 1,9 Milliarden Euro handelte es sich um die angeblichen Erträge von Geschäften mit Subfirmen, die für Wirecard Kreditkartenzahlungen in Südostasien und im Mittleren Osten abwickelten. Nach derzeitigem Stand war dieses Drittpartnergeschäft entweder in Gänze oder zum allergrößten Teil erdichtet.
Nur drei von 45 Tochterfirmen profitabel
Von den insgesamt 45 Tochtergesellschaften der Muttergesellschaft Wirecard gab es überhaupt nur drei, die nennenswert profitabel waren. Über die Cardsystems in Dubai liefen die mutmaßlichen Scheingeschäfte, diese Firma steuerte 2018 mit 237 Millionen einen großen Anteil des Wirecard-Gewinns bei.
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