Ernüchternde Umfrage

Zivilcourage hat immer geringeren Stellenwert

Österreich
24.07.2020 13:20

Ist das eine bedrohliche Situation? Droht Gefahr? Sollte man eingreifen? „Lieber nicht“, lautet immer häufiger die Antwort von Österreicherinnen und Österrerichern. Laut einer IMAS-Umfrage ist es um die Zivilcourage schlecht bestellt. Die Meinungsforscher haben anhand einer Reihe von Situationsbeispielen abgefragt, ob man in der jeweiligen Situation eingreifen sollte. Fazit: Vor zehn Jahren wurde das wesentlich häufiger für notwendig erachtet als heute. Hinzu kommt eine Lücke zwischen „man sollte“ und „man würde“.

Befragt wurden von März bis Mai 1031 Personen über 16 Jahre. 39 Prozent von ihnen haben den Eindruck, dass die Zivilcourage in den vergangenen Jahren abgenommen hat, nur 19 Prozent glauben an eine Zunahme. Der Rest sieht keine Veränderung (30 Prozent) oder hat keine Meinung (zwölf Prozent). Als Situationen, in denen man unbedingt Zivilcourage zeigen sollte, nannten 71 Prozent, eine Frau zu verteidigen, die sexuell belästigt wird, und 70 Prozent, älteren Mitbürgern zu helfen, die im Straßenverkehr die Orientierung verloren haben. 65 Prozent finden, man sollte Hilfe für einen verletzten Obdachlosen holen. Recht weit unten in der Wichtigkeitsskala steht das Berichtigen oder Widersprechen bei Fake News in sozialen Medien, das nur 24 Prozent für nötig halten.

(Bild: stock.adobe.com, krone.at-Grafik)

Große Lücke zwischen „Was sollte man tun?“ und „Was würde man tun?“
Vergleicht man die Zahlen mit Daten aus den Jahren 2010, so sind sie seither deutlich gesunken. Die Meinungsforscher legten den Befragten insgesamt 20 Situationen vor, in denen man sich für Gerechtigkeit einsetzen könnte. In keiner einzigen sahen heute mehr Menschen Handlungsbedarf als vor zehn Jahren. Zwischen dem „Was sollte man tun?“ und „Was würde man tun?“ klafft zudem eine große Lücke von bis zu 20 Prozentpunkten. So finden 47 Prozent, man sollte jemanden, der Müll auf die Straße wirft, darauf hinweisen. Tun würden es aber nur 27 Prozent. 36 Prozent finden, man sollte Ausländer darauf aufmerksam machen, sich an unsere Spielregeln zu halten, aber nur 16 Prozent würden das nach eigenen Angaben tatsächlich machen.

(Bild: stock.adobe.com, APA, krone.at-Grafik)

In keiner der 20 von den Meinungsforschern vorgegebenen Situationen würden heute mehr Menschen eingreifen als von zehn Jahren. Am kleinsten ist der Unterschied zwischen „man sollte“ und „man würde“ bei der Hilfe für ältere Menschen im Straßenverkehr - 70 Prozent halten das für angebracht, 63 Prozent würden es auch in die Tat umsetzen.

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