Nach drei Wochen voller peinlicher Enthüllungen ist am Dienstag der Verleumdungsprozess des Hollywoodstars Johnny Depp gegen die britische Tageszeitung „Sun“ zu Ende gegangen. Die Abschlussplädoyers auf enthielten noch einmal scharfe gegenseitige Attacken. So sei Depp ein „hoffnungslos Süchtiger“ und nicht in der Lage, „seine Wut zu kontrollieren“, stellte die Verteidigung der „Sun“ fest. Der Anwalt des US-Schauspielers wiederum meinte, Depps Ex-Ehefrau Amber Heard sei eine „zwanghafte Lügnerin“.
In dem Verfahren in London geht es um einen Artikel der „Sun“ aus dem Jahr 2018, der sich auf eine Reihe von Aussagen Heards zu dessen gewalttätigem Verhalten bezieht. Der US-Schauspieler hatte gegen den Chefredakteur und den Verlag geklagt. Nach den strikten britischen Gesetzen gegen Verleumdung liegt die Beweislast bei der „Sun“. Das Blatt muss also beweisen, dass die Vorwürfe gegen Depp den Tatsachen entsprechen. Deshalb ging es in dem Prozess in allen Details um den Rosenkrieg zwischen Depp und seiner Ex-Frau.
Streit, aber auch große Liebe an guten Tagen
Heard stellte ihren Mann im Kreuzverhör als eine Art Dr. Jekyll und Mr. Hyde dar, der unter Drogeneinfluss zu einem „Monster“ wurde und zu extremer Gewalt neigte. Der 57-jährige Hollywoodstar bestreitet dies und zeichnete seinerseits von seiner Ex-Frau das Bild einer berechnenden und verlogenen Fantastin, die sein Leben zerstören wolle. Sie sei der „aggressive Teil“ in der konfliktreichen Beziehung gewesen. Beide Schauspieler gaben aber gleichzeitig zu, sich an guten Tagen ihrer Beziehung sehr geliebt zu haben.
„Fülle an Beweisen“ gegen Depp
Sasha Wass, die Anwältin im Dienst der „Sun“, betonte, dass eine „Fülle an Beweisen“ vorliege, die Heards Vorwürfe untermauerten. Depp und dessen Anwälten warf sie vor, „altmodische Methoden zur Diskreditierung von Frauen“ zu verwenden: So hätten sie Heard als „Goldgräberin und Ehebrecherin“ dargestellt. Depps Anwalt David Sherborne konterte am Dienstag, sein Mandant habe seine Drogen- und Medikamentensucht nie geleugnet. Doch darum gehe es nicht in dem Prozess: „Wir sind alle hier, weil die Zeitung und Chefredakteur Dan Wootton sich entschieden haben, diese äußerst schwerwiegende Behauptung zu veröffentlichen, eine Behauptung, die, wie Herr Depp sagt - und immer gesagt hat - völlig unwahr ist.“
Fans halten zu ihrem Helden
Wie schon zu Beginn des Prozesses betrat Johnny Depp den Londoner High Court durch den Haupteingang, Heard benutzte eine Nebentür. Dutzende Fans des Hollywoodstars hatten schon seit den frühen Morgenstunden mit Blumen, Stofftieren und aufmunternden Transparenten auf ihn gewartet. Bevor er in der Tür verschwand, nahm Depp einen Teddybären entgegen und winkte seinen Fans zu.
Beide Schauspielkarrieren zerstört?
Nach Auffassung einiger Experten hat das Verfahren Depps Reputation zerstört, selbst wenn er gewinnen sollte. „Der Schaden ist angerichtet“, sagte der Londoner PR-Berater Mark Borkowski. „Selbst wenn er siegt, wird dies ein Pyrrhus-Sieg sein.“ Aber auch Heards Schauspielkarriere steht nach Einschätzung von Experten auf dem Spiel. „Gewinnt die ,Sun‘, wird sie wahrscheinlich als mutige Kämpferin gegen häusliche Gewalt gefeiert werden“, schätzte die auf Verleumdungsfälle spezialisierte Anwältin Emily Cox. „Verliert das Blatt, wird sie von Hollywood, #MeToo und anderen Frauenbewegungen geächtet.“
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.