Netzwerke des Vatikans sollen laut privaten IT-Sicherheitsexperten von Mai bis Juli von Hackern infiltriert worden sein, und das womöglich im Auftrag Chinas: Der Vatikan, der Heilige Stuhl, die Diözese Hongkong und das Mailänder Seminar für Auswärtige Missionen seien demnach Opfer der Hackergruppe RedDelta gewesen. Aus dem Vatikan gab es dafür bisher keine Bestätigung. Ebenso wie die Tatsache des Angriffs wäre jedoch auch dessen Zeitpunkt äußerst heikel: Für September stehen Verhandlungen zwischen China und dem Vatikan über die Verlängerung des 2018 geschlossenen Abkommens über Bischofsernennungen an.
Drei Dokumente sollen die Hacker für Phishing-Versuche eingesetzt haben, wie die „New York Times“ am Mittwoch unter Bezugnahme auf den US-Internetdienstleister Recorded Future berichtete. Dazu gehört ein von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichnetes Beileidsschreiben des Papstes anlässlich des Todes eines Bischofs, das vorgeblich vom Vatikan an die Diözese Hongkong gesendet wurde und den Trojaner PlugX, der einen Angreifer einen infizierten Computer kontrollieren lässt, enthielt. Ein zeitlich passender Netzwerkverkehr zwischen einem vatikanischen Mailserver und einem Kontrollserver der Täter lasse es als möglich erscheinen, dass das Mail von einem kompromittierten Account im Vatikan gesendet wurde, so die Sicherheitsexperten.
„Klassische Spionage“
Die Hacks fallen nach Ansicht von Recorded Future in die Kategorie „klassische Spionage“. Offenbar wolle man dabei frühzeitig erkunden, wie sich der Vatikan in den Verhandlungen positionieren wolle. Über die genaue Verbindung der Hackergruppe RedDelta zum chinesischen Staat äußert sich der Bericht nicht, sie sei aber „sehr aktiv“ und greife vorrangig Einrichtungen an, die relevant für Chinas strategische Interessen seien, darunter auch einige in Indien und Indonesien. Recorded Future selbst hat den Sitz in Somerville im US-Staat Massachusetts. Hinweise, dass die Administration von US-Präsident Donald Trump, die in den vergangenen Wochen fast täglich Kritik an China geäußert hatte, am Bericht beteiligt gewesen sein könnte, gibt es laut Bericht nicht.
Angespanntes Verhältnis
Vor allem wegen des scharfen Vorgehens Chinas gegen Hongkong ist das Verhältnis des Vatikans zur chinesischen Regierung derzeit mehr als gespannt. Die „New York Times“ verwies hier auch auf eine Papstbotschaft beim Angelus-Gebet auf dem Petersplatz vom 5. Juli. Franziskus wollte sich laut dem vorbereiteten Dokument an die Bevölkerung Hongkongs wenden mit der Bemerkung, die gegenwärtige Pattsituation erfordere „Mut, Demut, Gewaltlosigkeit und die Achtung der Würde und Rechte aller“. Er hege die Hoffnung, „dass das gesellschaftliche und vor allem das religiöse Leben in voller und wahrer Freiheit ausgedrückt werden kann, wie es in der Tat in mehreren internationalen Dokumenten vorgesehen ist“. Diese Worte kamen dann jedoch in der Rede nicht vor.
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