Im idyllischen Nobelskiort Lech am Arlberg (Vbg.) ist Unruhe eingekehrt: Bald könnte sich dort die Luxus-Kaufhauskette KaDeWe niederlassen. Das treibt den örtlichen Händlern den Angstschweiß auf die Stirn.
„Skandalös, Wahnsinn, Größenwahn!" So hören sich die Einschätzungen vieler Bewohner der Doppelgemeinde Lech-Zürs an, geht es um die Pläne zur Errichtung eines neuen Gemeindezentrums. Mitten in einem Ort, der sich rühmt, seinen Gästen im Winterurlaub jeden noch so luxuriösen Wunsch von den Augen abzulesen und dabei trotzdem ein unaufgeregtes Dorf zu bleiben, klafft eine offene Wunde: eine riesige Baugrube, die bald in einen Gebäudekomplex umgewandelt werden soll, der Verwaltung, Tourismusverband, Musikschule und einen Saal für 700 Personen beherbergen wird. Kostenpunkt: knapp 40 Millionen Euro - kein Pappenstiel für Lech.
Als wäre nicht schon allein die Dimension des Projekts - die Kubatur erreicht die Höhe des Kirchenschiffes - Anlass für Kritik, ließ die Gemeinde jüngst eine Bombe platzen, deren Donnern bis heute nachhallt: In das Gemeindezentrum könnte nämlich das Luxuskaufhaus KaDeWe einziehen - und zwar auf einer stattlichen Fläche von 2500 Quadratmetern.
Bürgermeister will „das Beste für Lech“
Die Handelsfläche in der Gemeinde würde damit massiv erweitert werden - trotz sinkender Nächtigungszahlen und stagnierender Umsätze. Bürgermeister Ludwig Muxel (ÖVP), den seit dem KaDeWe-Angebot nicht nur die steife Brise des Kapitalismus betört, sondern der auch mit gehörigem Gegenwind zu kämpfen hat, verteidigt das Vorhaben dennoch. Er wolle nur „das Beste für Lech“. Im Übrigen sei die KaDeWe-Gruppe auf ihn zugekommen, nicht umgekehrt, wie vielerorts behauptet wird.
Anders sieht das Olivia Strolz, Betreiberin eines Skiverleihs in Lech. Sie nennt das Projekt „Irrsinn“: Finanziert würde der Bau unter anderem mit der Erhöhung von Gemeindesteuern - und nun solle ausgerechnet ein Kaufhaus einziehen, das den Lecher Händlern die Kunden entzieht. „Wir finanzieren also unseren eigenen Untergang“, sagt sie nüchtern. Auch die Informationspolitik des Bürgermeisters sei „ausbaufähig“.
Mit dieser Meinung ist Strolz nicht alleine. Erzählt wird, dass Muxel gezielt mit Falschinformationen arbeiten würde, sogar innerhalb der Gemeindevertretung. Auch von einem längst eingefädelten Deal mit KaDeWe ist die Rede. Strolz wünscht sich einen offenen Dialog zwischen Handel und Gemeinde und richtet Muxel aus: „Wir beißen nicht!“
Der Mann, der im Hintergrund die Fäden zieht
Dass die Wellen im Corona-gebeutelten Dorf derart hochgehen, hängt auch mit einem Mann zusammen, der im Hintergrund die Fäden zieht, wie der ORF berichtete: René Benko, Immobilien-Großjongleur und mit KaDeWe verbunden. Ihm wird offensichtlich alles zugetraut: Mehrfach wurde der „Krone“ gegenüber die Befürchtung geäußert, dass er die lokalen Händler in die Pleite treiben wolle, nur um sich am Ende des Tages die Geschäftslokale zu krallen.
So weit muss es allerdings nicht kommen: Am Donnerstag stimmen die Gemeindevertreter noch einmal über das Projekt ab. Diesmal vielleicht ja wirklich zum Wohle von Lech.
Angelika Drnek, Kronen Zeitung/krone.at
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