Der kremlnahe Thinktank Dialogue of Civilizations Research Institute (DOC) ist einem Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins „Spiegel“ zufolge mit dem Verteidigungsministerium in Wien vor Jahren in Verbindung gestanden. Eine Expertin sieht im DOC „eine heimtückische Form der politischen Kriegsführung“ Moskaus. Das Verteidigungsministerium sprach am Mittwoch nicht von Kooperation, sondern von einem „Mitwirken“ über eine Studiengruppe im Rahmen der 1999 von der NATO gegründeten Partnership for Peace (PfP).
Hunderte Akademien und Institute aus dem Bereich der Verteidigung und Sicherheit arbeiten im sogenannten Partnership for Peace Consortium zusammen - darunter offenbar auch die Direktion für Sicherheitspolitik und die Landesverteidigungsakademie. Vertreter der Einrichtungen sollen dem „Spiegel“-Bericht zufolge an einem mehrtägigen Treffen im November 2017 auf dem Schloss Rothschild im niederösterreichischen Reichenau teilgenommen haben. Dort soll unter anderem zu dem Thema „Zwischen Fakt und Fälschung - Informationen und Instabilität im Südkaukasus und darüber hinaus“ debattiert worden sein. Ein damaliger DOC-Mitarbeiter, der heute für die russischen Propagandamedien RT-Deutsch und Sputnik sowie ein neurechtes Magazin tätig ist, soll referiert haben.
Es war dem Bericht zufolge nicht das einzige Treffen, an dem Vertreter des Verteidigungsministeriums teilgenommen hätten. Es sei zu insgesamt fünf Treffen gekommen: dreimal in Reichenau, einmal in Berlin und einmal in der weißrussischen Hauptstadt Minsk. Das Verteidigungsministerium betonte, dass die Kosten der Workshops von allen drei Beteiligten (BMLV, DOC und PfPC) getragen worden seien, und dass man gewusst habe, dass der Mitgründer des DOC, Wladimir Jakunin, auf der Sanktionsliste von Kanada, Australien und den USA stehe. Dass der Thinktank laut Kritikern einer hybriden Kriegsführungsstrategie Russlands gegen den Westen diene, sei dem Ministerium nicht bekannt gewesen. Künftige Projekte oder Kooperationen seien keine geplant, hieß es.
Jakunin, ehemaliger Eisenbahnchef Russlands und Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin, ist der Gründer des Thinktanks. Nach eigenen Angaben fokussiert sich das DOC auf die Schwerpunkte Kultur und Zivilisation, Wirtschaft sowie Führung und Geopolitik. Kritiker, so heißt es im „Spiegel“, werfen dem Institut vor, „Moskaus Interessen auf sanften Wegen in den Westen zu tragen und Teil eines Netzwerkes zu sein, das den russischen Einfluss insbesondere in NATO-Staaten stärken soll“. Die Organisation verfüge über Büros in Deutschland, Österreich, Belgien, Indien und natürlich Russland.
Thinktank weist Anschuldigungen zurück
Monika Richter, Expertin für Desinformationskampagnen und Abteilungsleiterin im amerikanischen Unternehmen CounterAction, erklärte dem „Spiegel“: „Ein nur wenig untersuchter Einflussbereich ist der Einsatz von Softpower-Institutionen durch den Kreml - wie Thinktanks, Forschungsinstitute und philanthropische Zentren -, um Kreml-freundliche Erzählungen in westlichen Eliten zu fördern und so die politische Entscheidungsfindung zu steuern.“ Und: „Dies ist eine heimtückische Form der politischen Kriegsführung - und wie der vorliegende Fall zeigt, können auch unsere eigenen politischen und Sicherheitsinstitutionen auf diese Weise von russischen Interessen kooptiert werden.“
DOC weist diese und ähnliche Anschuldigungen zurück, schlussendlich habe man keine „Zugehörigkeit zu einem Land oder einer Regierung, russisch, französisch, österreichisch oder sonstige“, hieß es gegenüber dem „Spiegel“.
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