Wein, Wälder, Ruinen
Wachau – du hast mein Herz am Bandl!
Von der Venus bis zum Mariandl, vom Stift Melk bis zum Stift Göttweig, von mittelalterlichen Städtchen inmitten der Weingärten bis zu den Burgruinen hoch droben auf dem Felsen - und alles in ein ganz besonderes Licht getaucht: Die Wachau ist eine der malerischsten Gegenden in Österreich. Und hat als Trumpf noch die Marillenknödel ...
Schwallenbach – klingt nicht unbedingt romantisch, ist aber idyllisch: eine Handvoll Häuser drängen sich um die alte Kirche, die Wachauer Bahn tuckert dazwischen durch, rundum Weingärten und überall Rosen an den alten Gemäuern. Ein paar Kilometer weiter: Spitz, nicht minder beschaulich, die Häuser den steilen Hang hinaufgebaut, gekrönt von Kirche und Schloss. Wie eine Insel ragt der Tausendeimerberg mittendrin auf: 1000 Eimer Wein, rund 56.000 Liter, sollen seine Weingärten in guten Jahren bringen.
Einzigartig auch Dürnstein mit seinem blauen Kirchturm, zusammengequetscht auf engstem Raum zwischen der Donau und dem Schlossberg. Geschichtsträchtig Weißenkirchen mit seiner Wehrkirche, in der die Bevölkerung Schutz vor den Einfällen der Türken und Schweden fand, und der ältesten Schule Österreichs. 1385 gegründet, werden hier immer noch die Taferlklassler unterrichtet.
Die Landschaft ist beeindruckend und anmutig zugleich: Steile Weinterrassen, dazwischen zerklüftete Felsen, geheimnisvolle Wälder, märchenhafte Burgruinen und die blau-grau-grüne Donau, die mit der Schnelligkeit eines Gebirgsflusses durch das enge Tal rauscht und sich in den Jahrmillionen bis zu 400 Meter tiefins Gestein gegraben hat.
Eine Region, die sich in den vergangenen Jahrhunderten kaum verändert hat. Nicht nur die mittelalterlichen Ortskerne blieben nahezu unversehrt. Schon beim Eisenbahnbau noch zu Kaisers Zeiten stiegen die Bürger erfolgreich auf die Barrikaden, als die Wiener Bürokraten die Gleise der Einfachheit halber direkt an der Donau verlegen wollten. Ebenso beim Bau der Donauufer-Straße, als in Dürnstein der Tunnel durchgesetzt und so die Altstadt gerettet wurde. Den größten Erfolg feierten die Wachauer mit der Verhinderung eines Wasserkraftwerks bei Dürnstein.
Sonst wäre es 2000 wohl nichts geworden mit der Ernennung zum UNESCO-Welterbe: „Eine außergewöhnliche, vom menschlichen Schaffen geprägte Landschaft mit einer zweitausendjährigen Geschichte“, heißt es in der Begründung. Da ist dem UNESCO-Komitee wohl die Venus von Willendorf entgangen: Das nur elf Zentimeter große Figürchen der rundlichen Wachauerin wird auf ein Alter von rund 30.000 Jahren geschätzt.
Römer und Mönche brachten den Wein
Vor zweitausend Jahren verlief am Südufer der Donau die Grenze des Römischen Reiches. „Einige Römertürme sind erhalten“, erzählt Andreas Nunzer, Bürgermeister von Spitz und Vorsitzender der 15 Welterbe-Gemeinden. Schon damals bauten die Römer an der Donau Wein an: Der heilige Severin, Missionar in Favianis, dem heutigen Mautern, zog sich gern in eine einsame Klause ‘an den Weingärten‘ zurück.“
Im Mittelalter waren es dann die Mönche. Von den Kaisern großzügig mit Land beschenkt, unterhielten 31 Klöster in der klimatisch gesegneten Wachau „Lesehöfe“. Nunzer: „Wein war ein Lebensmittel, und die Klöster benötigten ihn auch für die Messfeiern.“ Den Terrassen-Weinbau dürften sich die geistlichen Herren in Südtirol abgeschaut haben: Man kam schon damals weit herum. Der Reblaus ist es zu „verdanken“, dass die Wachauer als Ersatz für die vernichteten Rebstöcke auf die Marille kamen. Heute ist die Wachau ohne den Zauber der Marillenblüte und die später daraus resultierenden Marillenknödel nicht mehr vorstellbar.
So wenig wie ohne das viel besungene Mariandl. Der kurz nach dem 2. Weltkrieg gedrehte Film hieß zwar „Hofrat Geiger“, das Lied aber wurde zur heimlichen Hymne der Wachau. Für Nostalgiker: Im „Hotel Mariandl“ in Spitz gibt es ein Gunther-Philipp-Museum und ein Kino, in dem die Zeit film- und dekomäßig stehen geblieben ist.
Ins tiefe Mittelalter zurück führt ein Besuch bei den Kuenringern auf den Ruinen Aggstein und Dürnstein, einst uneinnehmbare Raubritter-Nester. So ist überliefert, dass der Kuenringer Hademar unterhalb der Burg Aggstein eine eiserne Kette über die Donau spannte und flussabwärts fahrende Schiffe kaperte. Auf der Burg Dürnstein wurde der englische König Richard Löwenherz gefangen gehalten.
Blondel auf der Suche nach Richard Löwenherz
Richards treuer Sänger Blondel soll so lange vor allen möglichen Kerkermauern gesungen haben, bis er den König fand, erzählt zumindest die Sage. Nunzer hat seine Zweifel: „Das sind romantische Geschichten, die im 19. Jh entstanden sind. Von dort, wo Blondel angeblich gesungen hat, hätte Richard Löwenherz nicht einmal den Pavarotti gehört.“
Das Rosengärtlein auf Aggstein gehört auch zu diesen Geschichten mit einem historischen Kern. Jörg Scheck von Wald, der im 15. Jh. die verfallene Burg Aggstein wieder aufbaute, ließ sich dieses spezielle Gärtlein einfallen: einen über dem Abgrund liegenden Balkon, auf den er die Gefangenen sperrte. Die hatten die Wahl: entweder verhungern oder sich in den Tod stürzen. Einer soll sein Leben durch den Sprung in eine Baumkrone gerettet haben.
Für die „Krone“-Leser hat Nunzer einen Ratschlag parat: „Um die mittelalterliche Landschaft richtig zu erfahren, muss man sich der mittelalterlichen Reisemethode bedienen: Gehen! Die Wachau muss man sich erwandern.“ Beste Gelegenheit dazu ist der Welterbesteig, ein Rundweg durch das Tal, die Weinberge und bis hinauf auf den Jauerling, mit 960 Metern der höchste Berg an der Donau. Auch das Radl bietet sich an: Die Wachau ist Teil des Donauradwegs.
Waltraud Dengel, Kronen Zeitung
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