Medial wenig präsent

Frauenpolitik – darüber spricht man nicht

Politik
07.08.2020 20:24

Mit Brigitte Bierlein lenkte 2019 zum ersten Mal eine Frau die Republik. An der Präsenz von Frauenpolitik hat das nichts geändert. Auf den wenig glorreichen 19. Platz schafft es „Frauenpolitik“ im Ranking der medialen Berichterstattung im Jahr 2019. Geschlagen etwa von der EU-Wahl - an der 3,8 Millionen Österreicher teilnahmen, 700.000 weniger, als es Frauen hierzulande gibt (4,5 Mio.). Geschlagen auch von der Steuerreform, Asylpolitik und Parteienfinanzierung.

Dass die Themen, die eine Hälfte der Österreicher direkt und die andere zumindest familiär betreffen, medial nicht auch noch gegen Personaldebatte (Platz 25), Parlamentarische Anfragen (26) und die Casinos Austria (30) verlieren, hat einen makabren Grund: „Es gab noch nie so viele Frauenmorde wie im Vorjahr“, erklärt Maria Pernegger, Geschäftsführerin von Media Affairs. Das Institut analysiert jährlich Tageszeitungen und den ORF auf die Anzahl der Worte, die über „Frauen-Themen“ berichtet werden.

Die Gewalt und das damit verbundene Sexualstrafrecht nehmen 2019 mit über 80.000 Nennungen klar die Spitze der Berichterstattung über Frauen ein, gefolgt von der Frauenquote. Die Gleichberechtigung der Geschlechter, Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder Pensionen schaffen es gerade einmal auf 10.000 Nennungen. „Der Gesamtanteil der Frauenpolitik an der gesamtpolitischen Debatte beträgt 1,6% – getrieben oft durch stark eingeschränkte Themen wie #MeToo, das Binnen-I oder das Kopftuch“, kritisiert Pernegger.

V. l.: Simone Oremovic, Personalchefin der RHI Magnesita, Maria Pernegger, Studienautorin von Media Affairs, AK-Präsidentin Renate Anderl und Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender des Kunststoffspezialisten Greiner. (Bild: RHI, SEPA Media | Michael Indra, Daniel Waschnig Photography, Walter P.Lhotzky, Krone KREATIV)
V. l.: Simone Oremovic, Personalchefin der RHI Magnesita, Maria Pernegger, Studienautorin von Media Affairs, AK-Präsidentin Renate Anderl und Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender des Kunststoffspezialisten Greiner.
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Man darf sich nicht darauf ausreden, dass zu wenig Frauen bei der Türe hereinspazieren. Wenn wir bei der Generation, die jetzt heranwächst, nicht 50/50 schaffen, haben wir die nächste Chance verpasst.

Simone Oremovic, Personalchefin der RHI Magnesita

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Wir haben zurzeit den höchsten Anteil an Frauen in der Spitzenpolitik. In der Krise kommunizieren aber immer nur die Männer.

Maria Pernegger, Studienautorin von Media Affairs

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Die Corona-Krise hat die Frauen zurückgedrängt. Die echten Frauenthemen – die Situation von Alleinerzieherinnen, gerechte Löhne – bleiben mediale Randthemen.

AK-Präsidentin Renate Anderl

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Eine Quote ist das eine. Aber wir müssen als Industrie viel mehr verstehen, welches Potenzial in Frauen steckt. Die Digitalisierung kann ein Paradebeispiel für Emanzipation werden.

Axel Kühner, Vorstandsvorsitzender des Kunststoffspezialisten Greiner

Digitalisierung als Chance für Frauen
Auch bei der Bildsprache ortet die Studienautorin eine „stereotype Rollenverteilung“: Während Fotos von Frauen überdurchschnittlich oft Berichte über Schönheit (100%), Bildung (68%), Gesundheit (79%) oder Opfer (58%) zieren, sind sie in der Wirtschaft (12%), auf dem Arbeitsmarkt (33%) und der Politik (21%) unterrepräsentiert.

(Bild: Walter P.Lhotzky, Krone KREATIV)

Eine Chance ortet Maria Pernegger in der Digitalisierung. Sie sei noch geschlechtsneutral besetzt: „Das ist der erste Bereich seit Langem, in dem Kompetenz mehr zählt als Seilschaften und in dem sich Unternehmen nicht leisten können, ihre Chance auf die besten Köpfe – ob männlich oder weiblich – zu verpassen.“

Teresa Spari, Kronen Zeitung

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