Anschober zu Ranking:

„Es geht ja nicht um einen Schönheitswettbewerb“

Politik
09.08.2020 06:00

Er ist der grüne Darling, der Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vom Beliebtheitsthron gestoßen hat. Darüber sowie über die Corona-Ampel, die Ballsaison und seine (mangelnden) hellseherischen Fähigkeiten spricht Gesundheitsminister Rudolf Anschober im „Krone“-Interview.

„Krone“: Herr Minister, schon im Vorfeld der Corona-Ampel, von der noch nicht bekannt ist, wie sie genau aussehen soll, gibt es Kritik. Wird es für jede Farbe ein Limit an Erkrankten geben? Werden sich die Menschen mit dem System wirklich auskennen?
Rudolf Anschober: Es wird sich jeder auskennen, aber wir haben keine automatisierte Ampel. Die Kommission gibt mindestens jede Woche eine Empfehlung ab, diese basiert auf vier Indikatoren - Infektionsfälle, Cluster-Analyse, Tests und Kapazitäten in den Spitälern.

Ohne automatisiertes System kann man jetzt schon den Aufschrei von Ländern oder Tourismusregionen hören.
Die Länder sind eingebunden, sie haben einen Vertreter in der Kommission. Die Ampel ist einer der großen Vorbereitungsschritte auf die Phase vier, die wir mit Schulbeginn erwarten. Die Phase, in der die Infektionszahlen wieder steigen, weil wir uns drinnen aufhalten.

(Bild: Peter Tomschi)

Es wird stets betont, dass ein genereller zweiter Lockdown nicht vorstellbar ist. Lokal aber schon?
Unser erklärtes Ziel ist, Lockdowns und eine zweite Welle vollständig zu vermeiden. Ein Lockdown, wenn auch nur in einem Bundesland, wäre wirtschaftlich eine Katastrophe.

Nur werden Ziele aber nicht immer erreicht.
Wir haben das Vorbereitungssystem, damit es zu keinem Lockdown kommt. Ich bin absolut optimistisch, dass wir das schaffen. Und der ganz große Appell an die Bevölkerung lautet: Wir werden es schaffen, wenn das Risikobewusstsein wieder so wie im Frühling wird.

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Wir werden es schaffen, wenn das Risikobewusstsein wieder so wie im Frühling wird.

Anschober appelliert an Eigenverantwortung der Menschen in Sachen Corona

Es wird viel vor dem Herbst gewarnt, gesundheitlich und wirtschaftlich. Wie schlimm wird es denn tatsächlich?
Der Herbst wird dann keine Katastrophe, wenn wir konsequent sind. Es hängt sehr davon ab, dass wir uns professionell vorbereiten und dass wir alle verantwortungsbewusst handeln.

Gibt es neue Hinweise in Bezug auf die Impfung?
Wir haben es geschafft, dass Europa einheitlich vorgeht. Ich habe mittlerweile die Hoffnung, dass es im ersten Quartal 2021 eine Impfung geben könnte.

Es stehen viele Ereignisse bevor, wo normalerweise zahlreiche Menschen aufeinandertreffen. Stichwort Skisaison, Silvesterpfad oder auch die Ballsaison. Wie sehen die Pläne dafür aus?
Das sind die schwierigsten aller Themen, Nachtgastronomie, Sportarten wie etwa Eishockey oder die Ballsaison. Wir sind dabei, erste Gespräche zu führen - immer mit dem Fragezeichen, dass wir nicht sagen können, wie die virologische Situation dann aussieht. Könnte ich das vorhersagen, hätte ich wahrscheinlich einen anderen Job. (lacht) Das Virus ist unberechenbar. Eine hundertprozentige Prognose gibt es nicht, aber man kann sich vorbereiten.

15 Prozent Energie kann eingespart werden, wenn die Seilbahnen statt sechs fünf Meter pro Sekunde zurücklegen. (Bild: Thinkstockphotos.de)
15 Prozent Energie kann eingespart werden, wenn die Seilbahnen statt sechs fünf Meter pro Sekunde zurücklegen.

Das war wenig konkret.
In den Wintersportgebieten wird an Konzepten gearbeitet, da geht es stark um den Bereich Après-Ski. Mit den Nachbarländern, die auch auf den Wintertourismus setzen, versuchen wir gemeinsame Grundstandards zu fixieren. Generell sind die Salzburger Festspiele derzeit das beste Beispiel. Das Konzept, das sehr vorsichtig ausgelegt ist, funktioniert. Das kann ein Modell für andere Bereiche sein.

Kommen wir von Corona zur Innenpolitik. Sie gelten als nicht ganz so uneitel wie Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und haben Bundeskanzler Sebastian Kurz vom Beliebtheitsthron gestoßen. Hat das Ihr ohnehin nicht ungetrübtes Verhältnis zum ÖVP-Chef weiter belastet?
Nein, es geht ja nicht um ein Pferderennen oder einen Schönheitswettbewerb. Gerade in dieser so herausfordernden Zeit geht es darum, dass eine Regierung liefert. Und wir versuchen das als Team. Aus meiner Sicht funktioniert das viel besser, als ich beim Amtsantritt erwartet habe.

Politische Beobachter meinen, dass die ÖVP das Gesundheitsministerium mit allen Pannen, die passiert sind, allein im Regen stehen lässt.
Mir geht es nicht prioritär um die öffentliche Debatte, sondern um die Arbeit, und die funktioniert gut. Wir bereiten jeden einzelnen Schritt gemeinsam vor.

(Bild: Peter Tomschi)

Sie sind als Gesundheitsminister auch für die Pflege zuständig. Zuletzt wurde bekannt, dass Menschen, die in der Krise arbeitslos geworden sind und sich zur Pflegekraft umschulen lassen wollen, enorme Hürden in den Weg gelegt werden. Das muss Sie als Minister doch alarmieren.
Das muss sich ändern, und das wird sich ändern. Hier gibt es einen Bereich mit vielen neuen Jobs, da müssen wir die Möglichkeiten dafür schaffen. Einer der Schwerpunkte in der Pflegereform wird eine massive Entbürokratisierung.

Bürokratieabbau allein wird aber zu wenig sein.
Natürlich, der Pflegebereich braucht mehr Geld. Darüber sind wir uns auch in der Regierung einig.

Einmal noch zurück zu Corona: Hätten Sie den Job eigentlich auch übernommen, wenn Sie gewusst hätten, was auf Sie zukommt?
Absolut. Es ist eine unfassbar herausfordernde, aber auch wichtige Arbeit für das Land. Ich denke, dass Österreich bisher vergleichsweise sehr gut durch die Pandemie gekommen ist.

Geht sich ein Urlaub aus?
Ja, es stehen im August drei freie Tage an.

Doris Vettermann, Kronen Zeitung

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