Im Machtrausch
Lukaschenko lässt am Wahltag Armee aufmarschieren
Bei der Präsidentenwahl in der ehemaligen Sowjetrepublik Weißrussland hat Staatschef Alexander Lukaschenko in der Hauptstadt Minsk am Wahltag die Armee anrücken lassen, um seine Macht zu sichern. Der 65-Jährige, der bereits seit mehr als einem Vierteljahrhundert an Weißrussland Staatsspitze steht ist, strebt eine sechste Amtszeit an - was ihm laut ersten Prognosen der Wahlbehörde vom Sonntagabend auch gelingen dürfte.
Laut einer ersten Prognose der Wahlbehörde vom Sonntagabend gewinnt der Langzeit-Despot die Wahl. So errang Lukaschenko 79,7 Prozent der Stimmen, seine wichtigste Rivalin Swetlana Tichanowskaja kam demnach auf 6,8 Prozent.
Nach seiner Stimmabgabe in der Hauptstadt Minsk hatte Lukaschenko einmal mehr vor Umsturzversuchen aus dem Ausland gewarnt. Es werde keine bürgerkriegsähnliche Situation geben. Alles sei unter Kontrolle. „Das garantiere ich“, sagte Lukaschenko, von vielen als „letzter Diktator Europas“ bezeichnen und der immer noch die Todesstrafe vollstrecken lässt. Vor den Wahllokalen hatten sich dennoch lange Schlangen wie noch nie gebildet.
Armee auf den Straßen von Minsk
Lukaschenko hatte zuvor mit dem Einsatz der Armee gedroht, sollte jemand versuchen, ihm die Macht zu entreißen. Und tatsächlich war noch während die Wahllokale geöffnet hatten, die Armee in Minsk angerückt. In sozialen Netzwerken wurden Videos von Militärfahrzeugen veröffentlicht, die an den Straßen Stellung bezogen. Auch am Wahltag kam es wieder zu zahlreichen Festnahmen, darunter ein Team des kremlkritischen russischen Internet-Fernsehkanals Doschd.
Konkurrentin Tichanowskaja unterlag
Die Hoffnung auf Wandel ruhten vor allem auf der politisch nur wenig erfahrene Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja (37) - auch wenn mit ihrer Niederlage gerechnet worden war. Sie wurde bei ihrer Stimmabgabe bejubelt. Viele riefen „Sweta, Sweta!“. „Ich will, dass die Wahl ehrlich verläuft“, sagte Tichanowskaja bei der Stimmabgabe.
Beobachter orten allerdings bereits während der Stimmabgabe massive Wahlmanipulationen. Es gab Dutzende Videos von Manipulationen an den Stimmzetteln in den sozialen Netzwerken und Klagen von Bürgern über Verstöße. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa verzichtete dieses Mal ganz darauf, die Abstimmung beobachten zu lassen.
Opposition kündigt Proteste an
Die Opposition bezweifelt, dass Lukaschenko in der Lage ist, eine Abstimmung ohne massive Fälschungen zu gewinnen. Seine Gegner haben deshalb friedliche Proteste angekündigt, die sich mehrere Tage hinziehen könnten.
In dem Land zwischen Polen und Russland sind insgesamt etwa 6,8 Millionen Menschen wahlberechtigt. Die knapp 5800 Wahllokale waren am Sonntag ab 7 Uhr geöffnet. Bereits seit Dienstag gab es aber schon die Möglichkeit, vorzeitig die Stimme abzugeben.
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