Obwohl Daten fehlen

Erste Interessenten für Russlands Corona-Impfstoff

Ausland
12.08.2020 07:31

Erste Länder haben bereits Interesse an Russlands Corona-Impfstoff „Sputnik V“ bekundet - dem ersten zugelassenen weltweit. Der brasilianische Bundesstaat Paraná kündigte an, ein Abkommen mit Russland zu schließen, um den Impfstoff selbst zu produzieren. Internationale Experten hingegen zeigten sich skeptisch bis fassungslos.

Der Vertrag mit Russland solle noch am Mittwoch unterschrieben werden, sagte Jorge Callado, Präsident des federführenden Technologie-Instituts Tecpar in Curitiba, im brasilianischen Fernsehen. Die Impfung soll voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2021 verfügbar sein.

Russland: „Sind offen für internationale Zusammenarbeit“
Der Chef des russischen Investmentfonds, Kirill Dmitrijew, sagte: „Wir sind offen für eine internationale Zusammenarbeit.“ Nach seinen Angaben haben schon mehr als 20 Länder Interesse angemeldet. Er nannte außer Brasilien die Philippinen und die Vereinigten Arabischen Emirate. Auch Israel teilte mittlerweile mit, grundsätzlich an „Sputnik V“ interessiert zu sein. Laut Dmitrijew habe Russland bereits international Anfragen über eine Milliarde Dosen erhalten.

Große internationale Skepsis
Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin die Zulassung des Impfstoffs zur breiten Verwendung in der Bevölkerung bekannt gegeben. International ruft der Vorstoß große Skepsis hervor. Der Grund: Das Mittel, das für eine rund zweijährige Immunität sorgen soll, hat noch keine groß angelegte Wirksamkeitsstudie (Phase III) hinter sich, die auch breit Auskunft über auftretende Nebenwirkungen geben könnte.

„Offenbar nur in Russland möglich“
Die österreichische Vakzinologin Ursula Wiedermann-Schmidt (MedUni Wien) erklärte: „Zulassung nach einer Phase II? Das ist offenbar wirklich nur in Russland möglich. Zum Glück und richtigerweise undenkbar ohne Phase III für unsere Breiten!“ Wissenschaftlich sei zu der russischen Vakzine bisher nichts publiziert worden. Details fehlten, um das Projekt beurteilen zu können.

Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien, mit Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer (links), und Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer, bei einer Pressekonferenz zum Impftag 2020 (Bild: Medizinische Universität Wien/APA-Fotoservice/Hörmandinger)
Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der MedUni Wien, mit Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der Österreichischen Apothekerkammer (links), und Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer, bei einer Pressekonferenz zum Impftag 2020

„Es ist unverantwortlich“
Der Präsident der deutschen Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, erklärte, es sei ein „hochriskantes Experiment am Menschen“, wenn ein Impfstoff wie der in Russland ohne entscheidende dritte Testphase zugelassen werde. „Es ist unverantwortlich, ganze Bevölkerungsgruppen bereits in diesem Stadium der Entwicklung zu impfen“, sagte er der „Rheinischen Post“.

„Würde mir Impfstoff nicht verabreichen lassen“
Auch renommierte Mediziner in den USA warnen: „Aktuell würde ich mir den Impfstoff nicht verabreichen lassen. Ganz sicher nicht außerhalb einer klinischen Versuchsreihe“, sagte Scott Gottlieb, der frühere Chef der US-Behörde für Lebensmittel und Arzneimittel-Sicherheit (FDA), am Dienstag im US-Fernsehen.

Scott Gottlieb, der frühere Chef der US-Behörde für Lebensmittel und Arzneimittelsicherheit (Bild: APA/AFP/GETTY IMAGES/Drew Angerer)
Scott Gottlieb, der frühere Chef der US-Behörde für Lebensmittel und Arzneimittelsicherheit

Unterdessen versprach US-Präsident Donald Trump dem amerikanischen Volk schnelle Fortschritte bei der Entwicklung eines eigenen Impfstoffes. Das iranische Gesundheitsministerium verglich den russischen Corona-Impfstoff mit der Büchse der Pandora und mahnte zur Vorsicht.

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